Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)
BLAAS, Richard: Das kaiserliche Auditoriat bei der Sacra Rota Romana
Das kaiserliche Auditoriat bei der Sacra Rota Romana 47 nennungen erfolgten vielmehr aus dem großen Reservoir der in den kúriaién Ämtern mehr oder weniger stark vertretenen Nationen, und die Freizügigkeit der Ernennung war noch in keiner Weise beschnitten durch bestimmte Privilegien an einzelne Länder und Städte. Von einem nationalen Auditoriat kann man erst von dem Augenblick an sprechen, in dem der Papst einzelnen christlichen Höfen das Recht zugesteht, ihm einen Angehörigen ihrer Nation für eine Auditorstelle namhaft zu machen, den zu ernennen er auch dann gehalten ist, woraus sich unschwer ein direktes Emennungsreeht der Höfe herausbildete30). I. Das kaiserliche Auditoriat an der Rota bis zum Ende des 17. Jh. Ganz allgemein wird das nationale Auditoriat auf die Bulle Sixtus IV. vom 14. Mai 1472 zurückgeführt, mit der die Anzahl der Auditoren der Rota auf 12 festgelegt wurde31). Unter den in der Bulle namentlich genannten Auditoren waren bereits die Länder Spanien, Frankreich und das Reich vertreten. Wie nun auf grund dieser Bulle die Zwölf zahl der Auditoren als Gesetz betrachtet wurde, so wurde auch die Zusammensetzung des Rotakollegiums speziell hinsichtlich der Ländervertretungen später als Gesetz behandelt32). Diese Ansicht ist als Ausgangspunkt nicht von der Hand zu weisen, denn wie seit Sixtus IV. die Anzahl der Auditoren nicht mehr über- oder unterschritten wurde, so lassen sich auch die vertretenen Länder seit 1472 mit ziemlicher Regelmäßigkeit nachweisen. Die Päpste selbst haben in späteren Äußerungen die traditionelle Gewohnheit der Ernennung nationaler Auditoren als zu recht bestehend anerkannt. Eine Mitwirkung der Höfe bei der Ernennung nationaler Auditoren läßt sich für Spanien 33) schon vor der genannten Bulle Sixtus IV. nachweisen; Frankreich wird von demselben Papste in einem eigenen Motuproprio eine Auditorenstelle förmlich zugesichert: Quoniam ex certis et rationabilibus causis deliberavimus, unum virum ydoneum qui de Gallien natione et dominio Carissimi in Christo filii Ludovici Regis Francié oriundus existat, numero et Collegio Auditorum Palatii Apostoliéi aggregare34); von einer ähnlichen Privilegierung des Kaisers und des Reiches findet sich hingegen keine Spur, daher auch keine Mitwirkung des Kaisers bei der Ernennung des deutschen Auditors. Das heißt nun nicht, daß es nicht schon vor Sixtus IV. deutsche Auditoren gegeben hätte, aber ihre Ernennung war doch mehr oder weniger akzidentell, während die Ernennung deutscher Auditoren nach 1472 doch in Analogie der unter Mitwirkung des spani30) Über die Entstehung des nationalen Auditoriates, vgl. Cerchiari, a. a. O., vol. I. Cap. XIII. De locis Rotae certis Nationibus concessis seu de Auditoribus Nationalibus. 31) s. h. Anm. 18. 32) H. Bangen, a. a. O., S. 309, Anm. 1. 33) Cerchiari, a. a. 0., vol. I. Cap. XIII, Absatz 7. „Immo constat regem Hispaniarum iam ante Martinum V suos auditores nominare consuevisse.“ 34) Cerchiari, a. a. 0., vol. III. Documenta, nr. 114.