Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

BLAAS, Richard: Das kaiserliche Auditoriat bei der Sacra Rota Romana

Das kaiserliche Auditoriat bei der Sacra Rota Romana 45 der Neuling abermals sämtliche Auditoren besuchen und um die Rekognition seiner Zeugnisse vorstellig werden. Diese Untersuchung, zu der wieder zwei Auditoren deputiert werden, dauert in der Regel zwei bis drei Monate, während dieser Zeit soll der neue Auditor sich mit den Curialgebräuchen bekannt machen. Gegen Ende dieser Frist ersucht der Neoelectus um Abschluß der Untersuchung und Bericht an den Papst. Danach bittet er um das sogenannte Punctum Dis- putationis. Als Disputationsgegenlstand wird in der Regel ein in der Rota laufender Fall gewählt, zu dem der Neuernannte sich äußern muß. Seine Aus­führungen werden gedruckt und dem Papst, den Kardinälen, Auditoren, Prälaten und Consistorial-Advokaten zugleich mit der Einladung zur Teilnahme an der öffentlichen Disputation zugeschickt. Den Tag und die Stunde der öffentlichen Disputation bestimmt der Cardinal-Vizekanzler. Die Disputation wird vor den versammelten Kardinälen und Kúriaién in der großen Aula der apostolischen Kanzlei mit einem Vortrag über den Disputationsgegenstand eröffnet, gegen den drei Auditoren und die Konsistorialadvokaten opponieren. Der ganze Akt ist in der Regel mehr zeremonieller Art. Vierzehn Tage nach der öffentlichen Disputation wird eine zweite Disputation über eine Materie des kanonischen Rechtes abgehalten, die der jüngste Auditor vor dem Vizekanzler dem Neu­ernannten am Tag vor der Prüfung angibt. Bei dieser Disputation, ebenfalls in der Aula der apóst. Kanzlei, sind nur der Cardinal-Vizekanzler und sämtliche Auditoren zugegen. Der jüngste Auditor beginnt das Examen und die andern Auditoren folgen der Reihe nach. Diese Disputation ist das eigentliche Examen. Nach der Prüfung stimmen die Auditoren ab. Hat der Kandidat die Majorität, so vollzieht der Vizekanzler sofort die Aufnahme in das Auditorenkollegium und über­reicht die Mantelletta. Aus den Händen des Cardinal-Kämmerers empfängt er dann in der nächsten Sitzung der Apostolischen Kammer das Rochett. Mit diesen Insignien bekleidet wird er dann von zwei Auditoren dem Papst vorgestellt, der ihm nun die Erlaubnis erteilt, als Auditor sein Votum decisivum zu geben und die geistlichen Amtsverrichtungen bei päpstlichen Funktionen zu üben. In der darauffolgenden Sitzung der Rota wird der Neuemannte vom Dekan der Rota mit Belehrung über seine Pflichten eingeführt und dem Personal vor­gestellt mit den Worten: Imposterum esto auditor! Damit ist die Aufnahme vollzogen, ein Vorgang, der sich nicht selten über ein Jahr hinzog, wie noch gezeigt werden wird. Im Range stehen alle Auditoren einander gleich. Die Ordnung unter ihnen richtet sich nach dem Dienstalter. An der Spitze des Auditoren­kollegiums steht der Dekan24). Unter der Beamtenschaft der Kurie genossen die Richter der Rota von jeher ein sehr hohes Ansehen. Die Päpste wußten ihre hervorragenden Dienste zu schätzen und verwendeten sie nicht selten zu wichtigen Gesandtschaften und politischen Sonderauf­gaben, zogen sie vielfach als Ratgeber bei. Das Auditoriat bei der Rota war für sehr viele Rotarichter nur die erste Stufe auf der Leiter der kirchlichen Hierarchie. Davon gibt einen eindrucksvollen Beweis die von Cerchiari vorgelegte Statistik 25) : von 684 aufgeführten Auditoren erlang­Ereignisse von einiger Wichtigkeit sind. Vgl. über die Aufnahme Bangen, a. a. 0., S. 311 ff. und Cerchiari, a. a. O., vol. I. Cap. XVII, XVIII, XIX. 24) Über Stellung und Rang des Dekans der Rota, vgl. Cerchiari, a. a. O., vol. I. Cap. LX. Quonam iure adipisceretur decanatus Rotae. Munia, iura et privilegia Decani. 25) Cerchiari, a. a. 0., vol. II. Cap. XII.

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