Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)
WEINZIERL-FISCHER, Erika: Der Ministerrat und die kaiserlichen Verordnungen vom 18. und 23. April 1850
Der Ministerrat und die kaiserlichen Verordnungen vom 18. u. 23. April 1850 491 lassen. Staat und Kirche müßen dabei einträchtig, mit Hinblick auf ihre Zwecke, wirken. Dieß wäre hier am rechten Orte auszusprechen. Wien, am 22. März 1850 F. Schwarzenberg e. h. A. h. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph e. h. Wien, den 28. März 1850. 2. Protocoll der am 22. März 1850 zu Wien in A. H. Anwesenheit Sr. Majestät abgehaltenen Ministerraths-Sitzung 1). Die am 21. 1. M. begonnene Schlußberathung (1121) über die Erledigung der Begehren der österreichischen Bischofsversammlung wurde heute fortgesetzt. 1. In Bezug auf die § 1 bis 6 zusammengestellten Bestimmungen über die Rechte der Kirchengewalt in katholischen Studienangelegenheiten bemerkte der Finanzminister, daß es räthlich sei, gleichzeitig auch die darauf bezüglichen Rechte der Staatsgewalt, namentlich dasjenige, ein bestimmtes Individuum vom Lehramte auszuschließen, explicite zu erwähnen, oder doch ausdrücklich zu sagen „im Übrigen bleiben die bestehenden Gesetze aufrecht.“ Hierauf wurde entgegnet, daß ohnehin der allgemeine Grundsatz feststehe, daß alle nicht aufgehobenen Gesetze ihre Gültigkeit beibehalten. 2. Über Antrag des Ministers des Innern wurde beschloßen, der größeren Deutlichkeit wegen in den Absätzen „zugleich haben Seine Majestät“ etc., p. 22, — dann „In Betreff der etc.“, p. 30, statt unter der Voraussetzung zu setzen „unter dem Vorbehalte“. 2%. Der Minister der Landeskultur bedauerte, daß der Staat durch die Bestimmungen p. 26 die Wahl der Religionslehrer an den Gymnasien faktisch ganz in die Hände des Klerus gelegt habe, nachdem der Bischof dafür nicht einen Ternavorschlag zu erstatten, sondern nur einen Befähigten namhaft zu machen hat, wobei eine Auswahl nicht möglich ist. Man könne sich bey einer solchen Besetzungsmodalität nicht verkennen, daß hiedurch der Einfluß der Regierung auf diese für die öffentlichen Gimnasien so wichtigen Besetzung ganz paralisirt werde. Der Finanzminister, gleichfalls dieser Meinung beitretend, hielt es jedenfalls wünschenswerth, die in der Erledigung erscheinende Motivierung dieser Bestimmungen — der Konsequenzen wegen — wegzulassen. Es werde damit ein Prinzip aufgegeben, und derlei Konzessionen seien im gegenwärtigen Augenblicke nicht räthlich, da sie eine Reaktion im antihierarchischen Sinne bei dem großen Publikum hervorrufen. 3. Der Finanzminister fand es unpassend, daß in dem Entwürfe p. 27, 28 nur die Absicht ausgesprochen werde, d a und dort einen Privatdozenten zu bestellen, um die christliche Religionslehre bei der philosophischen Fakultät vom Standpunkte der Wissenschaft vertreten zu lassen. Dieser Gegenstand sei ein so wichtiger und der vollen Aufmerksamkeit der Staatsverwaltung so würdiger, daß man lebhaft bedauern müßte, wenn auf den Vortrag einer ächt christlichen Philosophie bei einigen Universitäten verzichtet werden wollte. 1) Die im Originalprotokoll folgende Präsenzliste entspricht jener vom Vortage und ist daher hier weggelassen.