Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

WEINZIERL-FISCHER, Erika: Der Ministerrat und die kaiserlichen Verordnungen vom 18. und 23. April 1850

486 Erika Weinzierl-Fischer als 80 Jahren mit Hilfe zahlloser Patente und Erlässe aufgebauten Systems des Josephinismus nach der Meinung der Zeitgenossen „den Todesstreich“ versetzten 90). Anhang. I. (1850 Februar, Wien). Referat des Ministers für Kultus und Unterricht Leo Graf Thun über die Ein­gaben der österreichischien Bischöfe. Lithogr. Beilage des Ministerratsprotokolls vom 19. Februar 1850: Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien. Die Eingaben der Bischöfe umfassen so verschiedenartige Gegenstände, daß ihre vollständige Erledigung eine Umgestaltung des gesamten österreichischen Kirchenrechtes, so wie der Verwaltung aller, Kirche und Staat zugleich berühren­den Angelegenheiten erfordert. Es ist nicht möglich, und es ist nicht einmal wünschenswerth, daß diese Umgestaltung im Wege der Gesetzgebung mit einem Male geschehe. Auch im Innern der Kirche fängt ein neues Leben an sich zu regen und zwar in Österreich unter sehr günstigen Umständen. Zum ersten Male ist der österreichische Episkopat zusammengetreten — durchdrungen von dem Gefühle, daß die Gefahren der Zeit ein aufrichtiges Zusammenwirken der Kirchen- und der Staatsregierung nothwendig machen, und zugleich ernstlich bestrebt, den in kirchlichen Dingen vorhandenen Übelständen abzuhelfen. Die Leitung der kirchlichen Bewegung in ganz Österreich ist dadurch in die Hände von Männern gelangt, denen sie mit voller Beruhigung überlassen werden kann. Die Leitung wird in ihren Händen bleiben, wenn ihr moralischer Einfluß in der Kirche durch Förderung ihrer Bestrebungen von der Regierung gestärkt wird. Bei einem solchen Entwicklungsgänge wird die freiere Bewegung der Kirche dem Staate von großem Nutzen und nicht gefährlich werden. Es läßt sich aber nicht im Einzelnen vorhersehen, wie sich dabei die Dinge im Innern der Kirche gestalten werden, und doch muß Das großentheils maßgebend werden für die Beziehungen des Staates zur Kirche. Es wird daher viel heilsamer sein, so viel als möglich in unscheinbarer Form durch fort­gesetzte Verhandlung mit dem Ausschüße der Bischöfe über die einzelnen angeregten Fragen die Verhältnisse allmählich umzugestalten, als sie schon jetzt durch neue umfassende Gesetze systematisch ordnen zu wollen; nur inso­weit muß die bestehende Gesetzgebung geändert werden, als davon die Möglich­keit einer freieren Entwicklung des kirchlichen Lebens abhängt. Eine vollständige systematische Gesetzgebung müßte übrigens nicht nur die Eingaben der katholischen Bischöfe, sondern auch die Wünsche aller übrigen Religionsgesellschaften berücksichtigen, indem in jenen wichtige Gegenstände des österreichischen Kirchenrechtes, z. B. die Beziehungen der verschiedenen Konfessionen untereinander nicht berührt sind, und die Verhandlung würde dadurch in einer Weise anwachsen, die nicht leicht zu bewältigen wäre. Die Wünsche der Bischöfe lassen sich in drei Kathegorien teilen: 1. wird die freie Bewegung für die Kirche in Anspruch genommen in Dingen, in denen sie die bisherige Gesetzgebung ausdrücklich verwehrte, näm­lich: Verkehr mit Rom, Verkehr der Bischöfe mit ihren Gemeinden, geistliche Gerichtsbarkeit, und Verkehr der geistlichen Orden mit ihren auswärtigen Generalen und Generalkapiteln; 90) (Lonovics), Der Josephinismus und die kaiserlichen Verordnungen vom 18. April 1850 in Bezug auf die Kirche. Übersetzt aus dem Ungarischen, Wien 1851, S. V.

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