Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)
WEINZIERL-FISCHER, Erika: Der Ministerrat und die kaiserlichen Verordnungen vom 18. und 23. April 1850
Der Ministerrat und die kaiserlichen Verordnungen vom 18. u. 23. April 1850 485 Ende gefunden hatte. Jene Minister, die als mehr oder minder offene Anhänger des alten Systems so lange opponiert hatten, als es ihnen möglich gewesen war, erreichten zuletzt, „daß aus dem Schlußabsatze der Ausdruck .ohne kleinliches Markten“ zu beseitigen wäre, welches als eine hier unpassende Kritik des bisher in canonicis beobachteten Sistems dter österreichischen Regierung gedeutet werden könnte. — Graf Thun wird den hiernach berichtigten Entwurf zur a.h. Genehmigung überreichen“ 83 84 8S). Diesen Entwurf legte Thun bereits mit seinen großen Vorträgen an den Kaiser vom 7. und 13. April 1850 vor84). Dem Ministerrat trug Thun am 15. April jene Änderungen vor, die sich auf Grund der Beratungen vom 21. und 22. März ergeben hatten. In der auf Befehl des Kaisers vorgenommenen Schlußberatung erhob sieh kein Einwand mehr. Nur die Art der Erwähnung des kaiserlichen Rechtes der Bischofsernennung 85) erregte den Widerspruch Bachs, dem schließlich der Ministerrat zustimmte86). Als Form der Kundmachung der Beschlüsse schlug Thun zwei Patente vor, während der Ministerrat bestimmte, sie im Verordnungswege zu publizieren, der „in mehreren ähnlichen Fällen bereits eingehalten worden“ sei. Außerdem sollten die Bischöfe eine ausführliche schriftliche Erledigung erhalten87). Darauf las Thun die Entwürfe der beiden Verordnungen vor, die allgemeine Zustimmung fanden. Die Eingaben des Gesamtministeriums88) über die beiden Vorträge Thuns wurden von Ministerpräsident Schwarzenberg am 17. und 20. April unterzeichnet. Am 18. und am 23. April genehmigte der Kaiser die Verordnungen 89), deren insgesamt 12 Paragraphen dem im Verlauf von mehr 83) Ebendort. 84) Vortrag vom 7. IV. „wegen Reglung der kirchlichen Angelegenheiten“, Vortrag vom 13. IV. „über die Beziehungen der katholischen Kirche zum öffentlichen Unterricht“. Beide Vorträge sind im Beilagenband zum RGBl. 1850, S. 103—124 publiziert. Friedjung, a. a. O., S. 495 ist der Meinung, daß die Vorträge Thuns auf Gutachten Beidtels (siehe oben S. 476 f.) beruhen, die mit Hilfe Rauschers umgearbeitet wurden. Die Richtigkeit dieser Behauptung konnte im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht überprüft werden. 8ä) Nach Thun hatte die Formulierung zu lauten, „daß Seine Majestät in der allerhöchstdenselben zustehenden Ernennung der Bischöfe ein von aller- höchstihren Vorfahren überkommenes Recht erkennen, welches die kath. Landesfürsten mit Beziehung auf ihr persönliches Verhältniß zur katholischen Kirche erlangt haben, und für dessen gewissenhafte Ausübung S. Maj. sich Gott und der Kirche verantwortlich fühle“. M. R. Prot, vom 15. IV. 1850. 86) Bach fand, „daß die Berührung dieses letzteren Verhältnisses ganz zu umgehen, und dafür nach dem Worte .Recht* zu setzen wäre, .welches Seine Majestät zum Heile und Frommen der Kirche und des Reiches auszuüben, als Ihre heilige Pflicht ansehen* “. Ebendort. 87) Siehe oben S. 484, Anm. 80. 88) Ministerratsakten ZI. 1411 und 1454 aus 1850. — Inhaltlich sind diese Eingaben eine Kurzfassung der Vorträge Thuns. 89) Publiziert im RGBl. 1850, Nr. 156, 157. — Im Interesse eines besseren Überblickes sind die Verordnungen im Anhang III wiedergegeben.