Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

BLAAS, Richard: Das kaiserliche Auditoriat bei der Sacra Rota Romana

Das kaiserliche Auditoriat bei der Sacra Rota Romana 39 diesem Memorandum wird der Rechtsanspruch des Kaisers auf die Benen­nung eines Auditors zwar ebenso überzeugend nachgewiesen wie in dem Exposé des Kultusministeriums, die Beweisstücke werden aber doch dahin­gehend interpretiert, daß es sich hiebei um ein der ganzen Monarchie ver­liehenes Vorrecht handle. Das Kultusministerium in Wien5), das den Posten des kaiserlichen Auditors unbedingt in seinem Kompetenzbereich behalten wollte, gab sich nicht geschlagen und suchte das Memorandum des Ministeriums des Äußeren durch ein neuerliches Exposé zu entkräften, in dem das kaiserliche Auditoriat als Prärogative herausgestellt wird, welche unzweifelhaft nur für einen Teil der habsbwrgischen Länder, nämlich für die einst dem römisch-deutschen Reich ungehörigen erworben war6). So ging der Durchsetzung des Emennungsrechtas für die neue Rota auf diplomatischem Wege ein bemerkenswerter interner Interessenstreit vor­aus, der bei aller Problematik der Rechtsfrage sehr Vieles über die ge­schichtliche Entwicklung des kaiserlichen Auditoriates ans Licht brachte, da beide Ministerien die archivalischen Quellen zur Erhärtung ihrer Stand­punkte heranzogen. Diese Denkschriften, auf die im Verlaufe der vorliegenden Darstel­lung noch näher einzugehen sein wird, wurden an die Spitze dieses Ar­tikels gestellt, weil ihre Auffindung bei der Durchordnung des im Haus-, Hof- und Staatsarchiv verwahrten österreichischen Botschaftsarchivs Rom- Vatikan der Ausgangspunkt der gegenständlichen Untersuchungen war. Von diesen Aktenstücken ausgehend konnte das weitere Aktenmaterial zur Frage des kaiserlichen Auditoriats in den verschiedenen Beständen des Archivs aufgefunden und für die Bearbeitung des Themas verwertet wer­den. Für eine Klarstellung des tatsächlichen Sachverhaltes und die histori­sche Fundierung des von Seite des Reiches und des Kaisers von Österreich ausgeübten Rechtes der Ernennung eines nationalen Auditors bei der Rota Romana ist das aufgefundene Quellenmaterial völlig ausreichend, denn kirchenrechtliche Fragen betreffend Rota und Rotarichter, eine Wertung ihrer richterlichen Tätigkeit, die nur nach Durcharbeitung des Rota- archives befriedigend bewältigt werden könnte, Biographien der Auditoren, eine eingehende Schilderung ihrer sonstigen amtlichen Tätigkeit, diese Fragen und Themen sollen im Folgenden nur gestreift werden. Die Zielsetzung des vorliegenden Aufsatzes bedingt naturgemäß zunächst eine kurze einleitende Übersicht über die Ausbildung der Rota zum obersten päpstlichen Gerichtshof und über Ernennung, Stellung und Zahl der Rota­richter. Die Frage nach Zahl und Herkunft der Auditoren führt konse­quent über zur Darstellung der Ausbildung des nationalen Auditoriates im 5) Zufolge des Dualismus gab es auch in Budapest ein königl. ungarisches Kultusministerium. Wenn nicht ausdrücklich hervorgehoben, ist im Folgenden immer das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht in Wien gemeint. 6) Botschaftsarchiv Rom-Vatikan IV. P/l, ZI. 2465/K.U.M. vom 4. Novem­ber 1908, S. 6.

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