Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

MARX, Julius: Die amtlichen Verbotslisten. Neue Beiträge zur Geschichte der österreichischen Zensur im Vormärz

454 Julius Marx paar Titel der Schriften des Journalisten und staatsrechtlichen Schrift­stellers Friedrich Murhard, der besonders häufig- vorkommt, nennen, so ist der Grund ihres Verbotes ohneweiters klar: „Die unbeschränkte Fürsten­herrschaft. Politische Ansichten des 19. Jahrhunderts“, Kassel 1831 (31 XI/1) „Die Volkssouveränität“, Kassel 1832 (32 II/l), oder gar „Über Widerstand, Empörung und Zwangsübung der Staatsbürger gegen die bestehende Staatsgewalt“, Braunschweig 1832 (32 IX/1). Paul Ac'haz Pfizers „Briefwechsel zweier Deutscher“ wurde schon erwähnt; er ist aber noch mit mehreren anderen Werken vertreten, z. B. „Gedanken über das Ziel des deutschen Liberalismus“, Tübingen 1832 (33 1/1). Zu diesem Werk wäre Hartwig Hundt-Radowsky, Die 7 Todsünden der Liberalen, Burgdorf 1834 (34 X/2) zu stellen. Schließlich seien noch J. G. A. Wirth, Die politische Reform Deutschlands, Straßburg 1832 (33 1/2), Dr. Wilhelm Schulz, Deutschlands Einheit durch Nationalrepräsentation, Stuttgart 1832 (32 VIII/2) angeführt, vom anderen bekannten Namen wären noch Struve, Kombst und J. Sporschil zu erwähnen. Während alle diese Veröffent­lichungen verboten wurden, erhielt eine Schrift, die sich mit einem mehr­fach behandelten Gegenstand befaßt, erga schedam, nämlich „Die voll­kommene und ganze Preßfreiheit“, Freiburg 1830 (31 1/2) von Carl Theodor Welcher. Von ihm, einem der Wortführer der badischen Liberalen, der damals auf den Gipfel seines Ruhmes stand, aber auch über ihn ist in den Listen mehreres enthalten145). Damnatur erhielten in Österreich die frechen „Briefe an Seine Majestät den König von Preußen“, 1. Theil, 2. Auflage, Augsburg (30 VII/1), die in Preußen nicht verboten wurden. Deutsch und französisch geschrieben, enthielten sie heftige Angriffe gegen die preußische Verwaltung und Rechtspflege; gegen ihren Verfasser, Baron de la Rivaliére-Frauendorf trat Vamhagen von Ense auf 146). Erwähnt sei hier die Schriftflut, die die 300 Jahrfeier des Augsburger Bekenntnisses hervorrief; die Listen des Jahres 1830 enthalten dazu zahlreiche Belege. Von religionsphilosophi­schen Schriften wäre das berühmte Werk von Dr. Friedrich Strauß, Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet; 1. Bd. Tübingen 1835 (35 X/l, erga sche­dam) zu nennen. Schriften zur Judenfrage sind noch selten. Bemerkens­wert ist es, daß unter den 46 Verboten der Liste 30 XII/2 mehrere religiöse 145) Glossy, a. a. 0., E., S. LXXXVIII ff. u. a. — Murhard (1778— 1853): „Briefe an Cotta“, a. a. O., II, S. 149 ff. — Zu Wirth (1798—1848), Pfizer (1801—1867), Sporschil (1800—1863) vgl. Marx, a. a. 0., S. 184 u. 192 f. Zu Struve, Kombst, Welcker (1790—1869) vgl. Marx, Die amtl. Ver­botslisten, S. 161 f., 163. — Erga schedam erhielt K. L. Jarcke, Sand und sein an Kotzebue verübter Mord, Berlin 1831 (30 XII/1). — Stern, a. a. O., IV, S. 303, 304, 307, 308. — Pfizer: Anm. 118; vgl. auch O. Wagner, Mittel­europäische Gedanken und Bestrebungen in den vierziger Jahren (1840—1848); Marburg 1935; S. 65 ff. 14e) „Briefe an Cotta“, a. a. O., II, S. 246, 247 u. Fußnote 57. — Der preußische König hatte Untersuchung der Anschuldigungen angeordnet.

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