Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

KÜHNEL, Harry: Die Leibärzte der Habsburger bis zum Tode Kaiser Friedrichs III.

Die Leibärzte der Habsburger bis zum Tode Kaiser Friedrichs III. 27 ärzte und Wundärzte angeführt, die bei der Operation zugegen waren. Das Pergamentblatt weist deutlich Klebespuren auf. Der Text des Codex und des Pergamentblattes ist in gotischer Minuskel, vermischt mit Ele­menten der humanistischen Schrift, geschrieben. Eine Eigenheit besitzt der Buchstabe g, dessen Schaft weit über die Mittellänge hinausgezogen wird. Da wie dort wird das gestürzte r verwendet, der Kleinbuchstabe des i hat am Wortanfang einen Anstrich, das runde s gleicht am Wort­ende einem d mit stark geschwungenen Schaft. Gleiches Schriftbild kann auch bei ff, pp und ss festgestellt werden. Ganz charakteristisch ist die Schreibung von sch, wobei sc wie st mit langem s aussieht. Zwei sprach­liche Eigenheiten zeigen auch eine auffallende Übereinstimmung: der Artikel „dien“ für neuhochdeutsch „den, denen“ und „by“ für das Ad­verb „bei“. Alle diese Momente machen es sehr wahrscheinlich, daß die Miniatur der Albertina ursprünglich dem Cod. med. et phys. derwürttem- bergischen Landesbibliothek angehörte. Unter Zugrundelegung dieser Annahme muß auch die bisherige Auffassung, daß der Maler der Minia­tur ein österreichischer Meister sei, in Zweifel gezogen werden109). Kaiser Friedrich III., der zeit seines Lebens Gleichmut bewahrte, aber auch bei ihm wichtig scheinenden Angelegenheiten eine erstaun­liche Unnachgiebigkeit und Ausdauer bekundete, wurde zur Fastenzeit des Jahres 1493 vom Altersbrand befallen. Sein linker Fuß wurde all­mählich unempfindlich, färbte sich zunächst blau, dann bis in Waden­höhe schwarz. Friedrichs Sohn, König Maximilian, erfuhr im April durch zwei seiner Getreuen, daß die „majestat ye lenger ye swecher werde“ und kaum damit rechnen könne, den Fuß wieder wie vordem zu gebrauchen. Im Mai sandte Maximilian seinen „pucharzt“, Doktor Lupi von Portugal, nach Linz, nachdem zuvor schon Meister Hans Suff von Göppingen durch Herzog Albrecht von Bayern an den kaiserlichen Hofe beordert worden war110). Um das Leben des Kaisers zu retten, entschloß man sich zur Amputation des erkrankten Beines. Dieser Eingriff wurde am 8. Juni in Anwesenheit vieler Grafen, Freiherrn, Ritter und Knechte vorgenommen. In beratender Funktion nahmen der bereits 80 Jahre alte Leibarzt Maximilians, Doktor Lupi, und der Leibarzt Friedrichs, Doktor Heinrich von Köln, teil. Während die Wundärzte Pflundorffer von Lands­hut, Meister Erhärt von Graz und Meister Friedrich von Olmütz den Patienten festhielten, „schnidtent ab dien fuß“ die Meister Hans Suff von Göppingen und Hilarius von Passau. Nach sechs Wochen begann der 10°) Beschreibender Katalog der Handzeichnungen in der graphischen Sammlung Albertina, Bd. 4 (1933), S. 9. Die richtige Lesung des vierten sowie des sechsten Namens auf der Rückseite der Zeichnung lautet Larius von Bassaw und Friedrich von Vlmuncz! Unrichtige Namenswiedergabe auch bei J. Schmidt, Linzer Kunstchronik, Teil 3, S. 20. 110) Sudhoff, Beiträge zur Geschichte der Chirurgie, S. 601. Wacha, Die Fußamputation an Kaiser Friedrich III., S. 21 f. Linzer Regesten C III A 1, S. 227, n. 848, S. 229, n. 856.

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