Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)
KÜHNEL, Harry: Die Leibärzte der Habsburger bis zum Tode Kaiser Friedrichs III.
Die Leibärzte der Habsburger bis zum Tode Kaiser Friedrichs III. 23 Bulle ausstellen, die die kirchliche Bewilligung zum Halten von Juden in seinen Ländern enthielt. In Niederösterreich erfuhr diese Bestimmung erst nach dem Tode Ladislaus Postumus Anwendung. Freilich trugen solche Maßnahmen keineswegs zur Beliebtheit des Herrschers beim Volke bei89). In Tirol können wir die Beobachtung machen, daß man die Juden, die den Schutz des Herzogs genaßen, vielfach mit sanftem Nachdruck zu Geldschenkungen veranlaßte, wenn die üppige Hofhaltung Sigmunds und seine Kriegszüge die üblichen Einnahmsquellen versiegen ließen90). Das Geldbedürfnis Friedrichs III. war nicht minder groß. Der Jude Waruch, Wundarzt des Kaisers, hat lange am kaiserlichen Hofe gelebt und gemäß seinen chirurgischen Kenntnissen gewirkt. 1467 verlieh ihm Friedrich in Anerkennung seiner Dienste das Privileg, sich in Wiener Neustadt mit Frau und Kinder steuerfrei niederzulassen und eine Praxis zu eröffnen 91 *). Jacob ben Jehiel Loans. Diese Persönlichkeit gilt es nicht allein als Arzt Friedrichs III., sondern vor allem als Förderer der humanistischen Bewegung im deutschen Sprachraum zu würdigen, ist es doch Loans gewesen, der Johann Reuchlin in der hebräischen Sprache unterrichtete. Vom Leben Jakob Loans sind nur wenige Nachrichten verbürgt. Er ist 1492 am Hofe des Kaisers in Linz zu finden und hielt sich dann vorübergehend in Wien auf. Nach seiner Rückkehr suchte Reuchlin, der inzwischen vom Grafen Eberhard von Württemberg zu Friedrich geschickt und vom Kaiser in Linz zum Pfalzgrafen ernannt und in den Adelsstand erhoben worden war, mit dem gebildeten Juden bekannt zu werden. Die Begegnung beider bedeutete für Johann Reuchlin die Erfüllung eines langgehegten Wunsches: er fand in Loans einen Lehrer, der ein gediegenes Wissen in der hebräischen Sprache mit Gelehrsamkeit und hervorragenden Kenntnissen in der Medizin verband. Reuclhlin hat in seinen „Rudimenten“, der Frucht seiner Forschungen in der hebräischen Sprache, stets dankbar seines Lehrers gedacht und einige seiner Lehren erwähnt. Loans, der im August 1493 möglicherweise am Totenbett Friedrichs weilte, dürfte um 1506 gestorben sein. Jakob Loans war der Onkel des begabten Jossel von 89) Vancsa, Geschichte Nieder- und Oberösterreichs, Bd. 2, S. 464. 90) Hans Hörtnagl, Aus dem Hofleben Sigmund des Münzreichen in den Jahren 1460 und 1461 (Innsbrucker Nachrichten, Nr. 88, 1927 IV 16). 91) HHSTA Hs. B 533 (Kopialbuch der innerösterreichischen Kanzlei), fol. 229r. Ernst Birk, Urkundenauszüge zur Geschichte Friedrichs III. (AfÖG 10, 1853), S. 440, n. 970. Chmel, Regesta chronologico-diplomatica Friderici IV., S. 479, n. 4675. Josef Mayer, Geschichte von Wiener Neustadt, 2. Teil (Wiener Neustadt 1926), S. 112 f.