Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

KÜHNEL, Harry: Die Leibärzte der Habsburger bis zum Tode Kaiser Friedrichs III.

16 Harry Kühnei erste Canon Avicennas galt zu dieser Zeit als grundlegend für die prak­tische und theoretische Medizin und wurde in den ersten beiden Jahr­gängen des Studiums gelehrt67). Jakob Engeli von Ulm. Jakob Engeli von Ulm, auch unter dem Namen Jacobus Angelus de Ulma bekannt, war der Sohn des aus Rottweil stammenden Ulmer Apo­thekers Engelhard Engeli. Er studierte anfangs in Paris und wurde dort 1382 Lizenziat der Medizin. 1391 setzte er in Wien sein Studium fort, wie aus der Eintragung in die Matrikel der Universität ersichtlich ist: Jacobus Apotecarii de Ulma, magister in artibus et licenciatus in medi- cinis. Seine Ankunft in Wien dürfte jedoch früher anzusetzen sein, wobei Albrecht III. auf den Magister aufmerksam wurde und ihn zu seinem Leibarzt machte. Der „Tractatus de fleubotomia, de ventoris, de sangui- sugis“ wurde von ihm im März 1390 ins Deutsche übertragen. Im August des selben Jahres vollendete er in deutscher Sprache einen Traktat über das Aderlässen nach der lateinischen Übersetzung des Avi­cenna. Diese Übersetzungstätigkeit erinnert an Leopold Stainreuter, der gleichfalls in Paris dem Studium nachgegangen war68). 1406 gewährte Herzog Leopold IV. in seinen Ländern „denen von Ulm“ für weitere sechs Jahre Sicherheit und Geleit ihrer Kaufmannschaft. Diese Begün­stigung verdankte die Stadt Magister Jakob, der dem Herzog als Arzt eine nicht näher begrenzte Zeit getreue Dienste geleistet hatte 69). 1409 ist der Leibarzt noch einmal urkundlich zu belegen. Der Ulmer Arzt ist der Verfasser eines Traktates „de cometis“, worin er sich am Schluß als „magister in artibus ac licentiatus in 67) Hermann Mennhardt, Handschriftenverzeichnis der Kärntner Biblio­theken, Bd. 1 (Wien 1927), S. 137 f. Aschbach, Geschichte der Wiener Universi­tät I, S. 320. Die Papierhandschrift 92 befindet sich in der Studienbibliothek Klagenfurt. 68) Studien-Bibliothek Linz, Hs. 503 aus Gleink, enthält auf fol. 312r den Traktat „de fleubotomia“ etc. Diesen Hinweis verdanke ich Dr. Willi Rausch, Linz. Mayer, Geschichte der geistigen Cultur in Niederösterreich, S. 348, Anm. 060. Über Stainreuter siehe Konrad J. Heilig (MIÖG 47, 1933), S. 262 ff. Rup- prich, Das Wiener Schrifttum, S. 154 ff. spricht direkt von einem Übersetzer­kreis. 69) Johann Christoph Schmid, Schwäbisches Wörterbuch mit etymologi­schen und historischen Anmerkungen (Stuttgart 1831), S. 47. Württem- bergische Regesten (1301—1500, herausgegeben vom Staatsarchiv Stutt­gart, 1916), n. 5397. Karl Sudhoff, Beiträge zur Geschichte der Chirurgie im Mittelalter, 2. Teil (Studien zur Geschichte der Medizin, Heft 11—12, Leipzig 1918), S. 617. Schwarz, Geschichte des Wiener Apothekerwesens, Bd. 1, S. XXI, Anm. 2. Armin Wankmüller, Beiträge zur Württembergischen Apotheker­geschichte, Bd. 3 (1956), S. 42. Ludwig Hain, Repertorium bibliographicum, Bd. 1/1 (Stuttgart 1826), S. 121, n. 1099. Die Matrikel der Universität Wien, Bd. 1, 1. Lieferung, S. 88.

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