Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)

NECK, Rudolf: Österreich und die Osmanen. Stand und Probleme der historischen Forschung

Rezensionen 523 Teile seiner Erinnerungen hat Spitzmüller schon vorher in den Um­rissen publiziert, so namentlich über die ihm besonders am Herzen liegen­den Probleme des finanziellen Ausgleichs mit Ungarn, die Person des Kaisers Franz Joseph und die letzten Tage vor dem Zusammenbruch 1918. Trotzdem behält die nun vorliegende in einen größeren Rahmen gestellte Überschau über mehrere Jahrzehnte, ja man kann sagen, eine Zeitepoche, ihren besonderen Reiz. Seine so steil aufsteigende Beamtenlaufbahn, die Tätigkeit als Vorsitzender Direktor der Creditanstalt, im Weltkrieg 1914— 1818, als Handels- und Finanzminister vermitteln reiche Kenntnisse über Personen und Tatsachen, einmal wurde er sogar zur Bildung eines Kabi­netts berufen. Der Versuch scheiterte. Dem neuen Staate stellte sich Spitzmüller als Gouverneur der öster­reichisch-ungarischen Bank zur Liquidierung der alten Gemeinsamkeit zur Verfügung, die ihm bis dahin stets als Axiom seines politischen Denkens gegolten hatte. Nach dem Zusammenbruch der Creditanstalt erinnerte man sich abermals des nun schon Siebzigjährigen und stellte ihn an die Spitze des Instituts. Seine Korrektheit und Rechtlichkeit boten hiefür die Bürg­schaft. Spitzmüller scheiterte an der Ungunst der Zeit, der Wirtschafts­krise, nicht zuletzt auch an persönlichen Gegensätzen mit führenden Poli­tikern. Bei aller Selbstkritik, die den Autor auszeichnet, wird man aber doch fragen müssen, ob er die zweifellos vorhandenen Mißstände nicht unterschätzt und letzten Endes Personen gedeckt hat, die es vielleicht nicht verdient haben, für die Schonung in der saturierten Monarchie, nicht aber in der um ihre wirtschaftliche Existenz ringenden Republik am Platze sein mochte. Doch Spitzmüller kam aus einer anderen Welt. Er gehörte eben der „Gesellschaft“ der letzten Jahrzehnte der Donaumonarchie an, die um 1930 wirksamen sozialen Faktoren, deren Dynamik bei Wahrung aller Rechtlich­keit doch eine andere Behandlung mancher Probleme erforderten als in vergangenen Tagen, blieben ihm im Grunde fremd. Seine bis ins hohe Greisenalter lebendige Geistesfrische, seine musi­schen Interessen, sein freilich immer enger werdender Freundeskreis haben dem alten kaiserlichen Minister den Lebensabend verschönt. Die öster­reichische Geschichtswissenschaft darf ihm für die Niederschrift seines Erinnerungswerkes danken. Die nach seinem Tode erfolgte Edition weist viele Mängel auf. Das Per­sonenregister ist äußerst ungenau, eine bessernde Redaktion wurde anschei­nend gar nicht versucht. Wenn der Autor als Bischof von Agram in den Tagen des Zusammenbruches Stroßmayr nennt (der als Bischof von Dja- kovo bereits 1905 gestorben war), so ist das ein verzeihlicher Irrtum, die Veröffentlichung hätte jedoch auf die Ausmerzung solcher Unebenheiten unbedingt Bedacht nehmen müssen. Walter Gold inger (Wien). Urkundenbuch des Landes ob der Enns. 11. Band, 3. Lieferung 1397—1399. Ge­sammelt vom Oberösterreichischen Musealverein. Bearbeitet von Erich Tr inks. Herausgegeben vom Oberösterreichischen Landesarchiv in Linz. Linz, in Kommission bei H. Böhlaus Nachf., 1956. S. 577—883. Ein kurzer Blick auf die Geschichte der oberösterreichischen Ur­kundenpublikation zeigt nicht nur bewunderungswürdige Ausdauer und

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