Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)
WEINZIERL-FISCHER, Erika: Bismarcks Haltung zum Vatikanum und der Beginn des Kulturkampfes nach den österreichischen diplomatischen Berichten aus Berlin 1869–1871
310 Erika Weinzierl-Fischer Konzile 44) anschließen werde. „Die Antwort des Grafen Bismarck lautete verneinend in der bekannten Weise“. Zu dieser Zeit hatte aber Bismarck seinerseits bei Bray anfragen lassen45), ob sich dieser zu energischen Schritten in ßom entschließen könne. Bray fühlte nun in Wien mit einem Privatschreiben vom 16. März vor, ob Beust die Initiative zu einer Unterstützungsaktion für die Minorität übernehmen wolle, wozu sich Beust jedoch nicht entschließen konnte46). Ebenfalls am 16. März versuchte Bismarck, auch Frankreich zur Inangriffnahme einer gemeinsamen Aktion zu bewegen47 48), was auch dem Apostolischen Nuntius in Paris zu Ohren kam, der es schon am 21. März Kardinal Antonelli4S) meldete. In kirchlichen Kreisen hatte aber die betonte Zurückhaltung Preußens bereits solch nachhaltigen Eindruck gemacht, daß P. Granderath S J., der katholische Geschichtsschreiber des Konzils, diese Nachricht nicht für wahrscheinlich hielt, da sie nicht zu allem übrigen passe, „was wir über das Verhalten Preußens zum Konzile wissen“ 49). Den eben geschilderten Sachverhalt teilte nun Bismarck am 22. März dem österreichischen Gesandten in Berlin folgendermaßen mit: Er habe infolge einer Anfrage aus München dort durch den Gesandten Werthern sagen lassen, daß er zur Unterstützung einer bayrischen Aktion in Rom bereit sei, wenn die deutschen Bischöfe damit einverstanden wären. Die bayrische Antwort darauf habe gelautet, daß man auch die Mitwirkung Österreich-Ungarns gesichert wissen wollte, doch sei Graf Beust auf diesbezügliche Vorschläge nicht eingegangen50). Er, Bismarck, stimme auch einer Dreier-Aktion völlig zu und werde überhaupt alle jene Schritte unterstützen, die „katholische Mächte bei der Kurie zu machen noch in den Fall kommen könnten“. Ein einseitiges Vorgehen und jede Initiative sei er jedoch als Vertreter einer protestantischen Macht entschlossen, zu vermeiden. Er könne sich lediglich auf den gesetzlichen Schutz beschränken, den Klerus, Untertanen oder Regierungen in Folge von Konzilsbeschlüssen vom Norddeutschen Bund verlangen könnten. Im weiteren Gespräch brachte Bismarck zum Ausdruck, daß er von der französischen Regierung kein entschiedenes Vorgehen erwarte. Als daraufhin Wimpffen für die österreichisch-ungarische Haltung zum Konzil die Depesche Beusts vom 10. Februar51) als bezeichnend erklären wollte, deutete Bismarck an, daß nach seinen Nachrichten aus Rom „unser Botschafter von den Instruktionen, deren Ausführungsweise seinem Takt überlassen blieb, nur einen mäßigen Gebrauch gemacht 44) Über diese Aktion Darus vgl. Granderath a.a.O. II, S. 712 ff. 45) Erlaß an den Gesandten Werthern vom 13. März, G.W. VI b, Nr. 1528. 46) Schmidt a.a.O. S. 342 f. 47) G.W. VI b, Nr. 1533, und Schmidt a.a.O. S. 342 f. 48) Granderath a.a.O. II, S. 711, Anm. 2. 40) Ebendort. 50) Siehe oben S. 309. 5!) Siehe oben S. 306.