Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)
ALLMAYER-BECK, Johann Christoph: Die Kanzlei und das Archiv des Militär-Maria-Theresien-Ordens
246 Joh. Christoph. Allmayer-Beck Hatten sich also trotz der statutenmäßigen Festlegung bei der Besetzung des Kanzleramtes relativ früh verschiedene Schwankungen ergeben, so erwiesen sich diesbezüglich die Ordensbeamtenschaft und die Ordenskanzlei im ersten Jahrhundert der Ordensgeschichte um so stabiler. Hier galt es von vorneherein als feststehend, daß die Kanzlei des Ordens mit jener der geheimen Hof- und Staatskanzlei vereinigt und die Organe des Ordens aus den verdienten und noch nicht in höhere Besoldung eingerückten Beamten der Staatskanzlei beziehungsweise später des Ministeriums des kaiserlichen Hauses und des Äußeren auszuwählen seien, wobei die absolute Verschwiegenheit dieser Beamten in Ordenssachen sowie ihr diplomatischer Takt stets als besonderer Vorteil hervorgehoben wurden. Noch 1862 resolvierte Kaiser Franz Joseph auf Antrag des Ministers Graf Rechberg, „daß Mir für in Erledigung kommende Beamtenstellen Meines Militär-Maria-Theresien Ordens auch fernerhin nur Beamte des Ministeriums Meines Hauses und des Äußeren in Vorschlag gebracht werden ...“ >4). Die Verbindung zwischen dem Orden und der Staatskanzlei ergibt sich auch daraus, daß z. B. im Jahre 1806, als die Stelle des Ordenskanzlers vakant war und dessen Funktion provisorisch durch den damaligen Ordens- Schatzmeister Baron Spielmann versehen wurde, ein Vortrag beim Kaiser über die Neubesetzung der frei gewordenen Greffierstelle nicht etwa durch den Schatzmeister, sondern durch den — mit dem Orden in keinem näheren Zusammenhang stehenden — Johann Philipp Graf Stadion vorgenommen wurde, während Baron Spielmann durch den Kaiser nur zur Stellungnahme aufgefordert wurde14 15). Als Spielmann im Jahre 1813 selbst verstarb und nunmehr außer dem Posten eines Ordenskanzlers auch der eines Tresoriers unbesetzt war, trug der damalige Ordens-Greffier Hofrat Hudelist in einem alleruntertänigsten Vortrag auf Neubesetzung dieser Stellen an — und holte sich dafür einen Verweis: da er „sich nicht auf die bloße Anzeige dieses Todesfalls beschränkt, sondern sich angemaßt hat, dieses Ordens wegen Mir belehrende Vorstellungen, die ihm gar nicht zukommen, zu machen“ 16). Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts trat dann eine stärkere, übrigens auch vom Erzherzog Albrecht geforderte17) Militarisierung der Ordenskanzlei ein, die schon darin ihren Ausdruck fand, daß 1887 erstmals ein General zum Ordens-Schatzmeister bestellt wurde. Ein danach von seiten der Ordenskanzlei unternommener Versuch innerhalb des Status der Ordensbeamten das Prinzip der Gradualvorrückung durchzusetzen, wie dies etwa bei Hudelist, Protiwensky, Ascher und Vavrik der Fall gewesen war, scheiterte an der kaiserlichen Resolution vom 2. 10. 1895, wonach der Herrscher sich nunmehr die Besetzung auch des Greffierpostens von Fall 14) MThO. VII—13. 15) MThO. VII—H 5/1, 5/2. 15) MThO. VII—M 1/2. 17) MThO. VII—53.