Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)
ALLMAYER-BECK, Johann Christoph: Die Kanzlei und das Archiv des Militär-Maria-Theresien-Ordens
Die Kanzlei und das Archiv des Militär-Maria Theresien-Ordens 245 kanzler „alle Mahl von dem Hof- und Staatskanzler zugleich bekleidet und geführet werde“ n). Dieser Grundsatz wurde allerdings keineswegs immer eingehalten. Schon nach dem Tode des ersten Ordenskanzlers, des Fürsten Kaunitz, dachte Kaiser Franz II. daran, „dieses Amt fürs künftige durch eine der erhabensten militair-Chargen verwalten zu lassen“ 11 12) und ernannte daher den Feldmarschall Graf Lacy zum Ordenskanzler (1794 bis 1801). Auch Fürst Metternich erhielt die Würde eines solchen, wie Kaiser Franz ausdrücklich betonte, „nicht sowohl, weil das Kanzellariat des Marien-Theresienordens vermöge der Statuten mit der Stelle eines geheimen Hof- und Staatskanzlers vereinigt seyn soll, als vielmehr um Ihnen einen neuen Beweis Meiner besonderen Werthschätzung und Meines Zutrauens zu geben ...“ 13). Erst 1821 wurde mit der Ernennung Metternichs zum Hof- und Staatskanzler der faktische Bestand mit den Ordensstatuten zur Deckung gebracht, um allerdings nach der Demission des Fürsten im März 1848 neuerlich damit in Widerspruch zu geraten, da der Staatskanzler auch nach seiner Resignation die Würde eines Kanzlers bis zu seinem Tode 1859 beibehielt. In Anbetracht dieser Sachlage und der Tatsache, daß die Hof- und Staatskanzlei nach 1848 in das Ministerium des kaiserlichen Hauses und des Äußeren übergegangen war, schien eine Änderung des Punktes 44 der Ordensstatuten unausweichlich. Aber Kaiser Franz Joseph konnte sich trotz verschiedener Anträge zu keiner Änderung entschließen, behielt sich jedoch die volle Verfügungsfreiheit vor und ernannte nach dem Tode Metternichs und einer Vakanz von 3 Jahren am 16. 8. 1862 den Feldmarschall Eugen Graf Wratislaw von Mittrowitz und Nettolitzky zum Kanzler (f 14. 2. 1867), dem dann am 10. 5. 1870 der Reichskanzler und Minister des Äußeren Friedrich Ferdinand Graf Beust folgte. Beust blieb, ähnlich Metternich, auch nach seinem Rücktritt als Reichskanzler weiterhin bis zu seinem Tode am 23. 10. 1886 Ordenskanzler. Er war der letzte Zivilist in dieser Würde, die nach ihm ausschließlich hohen Militärs, die selbst Theresien-Ritter waren, Vorbehalten blieb. Es waren dies: Feldzeugmeister Franz Freiherr Kuhn v. Kuhnenfeld, vom 4. 11. 1886— 25. 5. 1896 (f), Feldzeugmeister Géza Baron Fejérváry de Komlós-Keresztes, vom 18. 6. 1896—25. 4. 1914 (+), Feldmarschall Franz Freiherr (Graf) Conrad v. Hötzendorf, vom 25. 10. 1917—25. 8. 1925 (+), Generaloberst Viktor Graf Dankl v. Krasnik, vom 4. 9. 1925—März 1938 (t 8. 1. 1941), [Tit. General d. Artillerie Richard Müller, von Mitte November 1945— 19. 5. 1950 (+)]. 11) J. Hirtenfeld, a. a. O., I/S. 13, Punkt 44. 12) MThO. 1—75. is) MThO. VII—M 1/2.