Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)

WAGNER, Hans: Das Reisejournal des Grafen Seckendorff vom 15. Juli bis zum 26. August 1730

242 Hans Wagner legte sich alsdann schlaffen, erlaubte aber Seckendorffen und Kröchern, daß sie voraus nach Halle gehen durfften. Den 2 5. August früh um 5 uhr kamen sie alda an, da der fürst von Anhalt so wohl als alle übrige bagage bereits tages vorhero eingetroffen. Der fürst von Anhalt sagte die gewißheit von des Katts arretirung und daß man bey ihm geldt und jubelen gefunden, bekräfftigte aber mit einem eydschwur, daß niemand mehr an dem Vorhaben des cronprinzen theil habe und wäre das ganze werck kindereyen. Die officier in Berlin sagten, wann sie solten das urtheil über Katt fällen, müste er geviertheilet werden, der könig müste es je ehender je lieber thun. Ihro königliche mayestet arrivir- ten gegen 9 uhr vormittag, der fürst sagte auch dem könig von des Katts arrest, darüber sie sehr froh, sprachen in gegenwarth des fürsten, Kröcher und Derschau von der boßheit des cronprinzen, nahmen den fürsten zum zeugen, wie er ihn so viel jahr her gerne corrigiren wollen, daher auch anfangs allein, hernach in beyseyn weniger, endlich publiquement seine fauten reprochirt. Er wäre hochmütig, nachläßig, unsauber, so gar, daß er ihm in Bamberg selber den barth habe puzen laßen und in Anspach die haare verschneiden laßen müßen 169). Der fürst wolte in des cronprinzens favor sprechen, da er aber merckte, daß der könig sich erhitzt, gab er dem könig in allem recht. Als die parade auffgezogen, begab sich der könig dahin, lobte das regiment170) und that sehr freundlich. Der fürst fragte den könig, ob er solte die parade den handgrieff zum laden machen laßen, und als der könig mit ja antworthete, commandirte der fürst selber: „Habt acht, macht euch fertig, schlagt an, setzt ab, schlagt an, feuer etc.“ Welches so 2 oder 3 mahl geschähe, alsdenn die parade abmarchirete und von selbi­ger der könig in einer chaise mit dem fürsten in der stadt herum spaziren fuhren. Der fürst tractirte mittags im schloß aus verguldeten service, es war propre und wurden verschiedene große gläßer und unter andern getrun- cken aller färben, die der könig lieb hat, weiß, grün, blau. Der könig setzte bey: „Auch roth, wo sie wollen ehrlich seyn, wo nicht, bleibe ich doch gut kayserlich.“ Um 4 uhr nachmittags beurlaubte sich der könig von dem graff Seckendorff sehr gnädig und sagte, daß er ihn nicht eher als den sonnabendt über 8 tag — welches der 2. September — erwarthete, indem er sich nun in Potzdam etliche tage einschließen und alle seine Sachen in Ordnung bringen müste, ehe er jemand sprechen könte. Der könig praeten- dirt, morgen als den 26. August in Potzdam zu seyn. Er nimt den weg über Dessau, dahin er mit dem fürsten in seiner chaise gefahren. Wo der cron- printz mit seiner suite, weis man nicht. Der general Seckendorff ist den2 6. August früh in Meuselwiz ankommen. Ihro königliche maye­stet haben in zeit von 6 Wochen eine tour von 260 meilen gethan. 16») Diese Aussage des Königs über den Kronprinzen ist abgedruckt bei Duncker, a.a.O., S. 135. no) Infanterieregiment Nr. 3 (Alt-Anhalt).

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