Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
CHRISTOPH, Paul: Dokumente zu den Restaurationsversuchen des Königs Karl IV. von Ungarn
560 Paul Christoph seinen Vorgesetzten, den Ministern, dem Ministerpräsidenten und Bánffy nicht zu gehorchen, falls er glaubt, daß eine Veröffentlichung dem Reichsverweser oder seinem Kabinett nicht passen würde. Dagegen hat Eckhardt den Tagesbefehl an die Armee trotz des klaren und entschlossenen Protestes seines Chefs Teleki veröffentlicht, und dieser konnte nichts anderes tun, als zu demissionieren. Szilágyi hat auch geglaubt, Bethlen und Bánffy kompromittieren zu können, indem er ihre Erklärungen über die auswärtige Politik verspottete. Doch hängt diese weder von dem einen noch von dem andern ab, sondern wird in Wahrheit von den Militärs bestimmt. Und Szilágyi hat die Feststellung gemacht, daß alle diese Herren nicht die Wahrheit sprechen, wenn sie versichern, daß sie nur „auf der Basis des Vertrages von Trianon“ handeln. „Wer immer auf der Basis dieses Vertrages handelt“, hat er gesagt, „Verzichtet auf den Gedanken der Integrität; und da Teleki, Bánffy, Bethlen und alle anderen sich bei den Chefs der Ententemissionen für die Integrität bemühen, ist es lächerlich, solche Worte zu gebrauchen. Von zwei Dingen eines: entweder man will die Integrität, dann hat man nichts in Paris oder London zu suchen; oder aber man gehorcht der Entente, dann muß man sich ohne Einschränkung dem Vertrag von Trianon unterwerfen.“ Der Abgeordnete Ramsay, obwohl Habsburgerfeind, hat die Enthüllungen fortgesetzt. Er hat gesagt, daß die ganze Post, der Telegramm- und Telephonverkehr im Lande von den militärischen Agenten des Schwarzen Kabinetts des Reichsverwesers zensuriert wird. Ramsay hat die Berichte dieser Militärzensur an ihre Vorgesetzten, d. h. an das berüchtigte „Kabinett“, vorgelesen. Politisches Bulletin vom 24. Mai 1921. Man spricht von einem Übereinkommen zwischen dem Exkönig Karl und dem Erzherzog Josef, das jede Kombination des Erzherzogs Albrecht, Sohnes Friedrichs, ausschließen soll. Nach den Klauseln dieses Vertrags würde Karl zugunsten Josefs verzichten, wenn es der Großen und Kleinen Entente gelingen würde, ihn endgültig vom ungarischen Throne zu entfernen. Karl würde sich mit einer Apanage begnügen, die Josef ihm von jetzt an garantieren würde. Josef würde in Ungarn bleiben und sich nicht mehr den Abenteuern einer Reise auszusetzen haben. Er könnte sofort mit den kompetenten Kreisen in Vorbesprechungen eintreten und sich eines Tages zum König von Ungarn proklamieren lassen, bevor die Kleine Entente in der Lage wäre, ihn daran zu hindern. Im übrigen wäre die Kandidatur Josefs für die Kleine Entente akzeptabel, da Josef nicht der Chef des Hauses Habsburg ist, dessen Hausgesetz die Verpflichtung auferlegt, niemals auf die Krone von Wien und die österreichischen Nachfolgestaaten zu verzichten.