Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

CHRISTOPH, Paul: Dokumente zu den Restaurationsversuchen des Königs Karl IV. von Ungarn

Dokumente zu den Restaurationsversuchen des König Karl IV. 561 Seitdem diese Nachricht eingetroffen ist, hat Horthy seine Haltung geändert. Er schmeichelt Josef, macht Promenaden zu Pferd mit Augusta, der Gattin Josefs, und nennt sich von neuem den „treuen Diener Karls“, wobei er aber gleichzeitig mit den habsburgerfeindlichen Bauern Demon­strationen inszeniert. Man sagt, daß sich der Reichsverweser in letzter Zeit mit der Lektüre des „Principe“ von Machiavell befaßt hat. Was die Bauern betrifft, so haben sie sich in ihrer großen Masse für die Vorschläge Rubineks und Szabós wenig zugänglich gezeigt; sie haben deren Reden durch die Schreie „Wir wollen die Agrarreform“ und „Daß die militärischen Requisitionen endlich aufhören“ unterbrochen. Rubinek hat an die Bauern appelliert, „die durch Seine Hoheit den Reichsverweser inaugurierte politische Ordnung gegen jedermann, der sie stören möchte“, zu verteidigen. Szabó hat bedauert, daß mit der einzigen Ausnahme Bethlens, der offiziell erschienen ist, „kein Graf an diesem großen Fest der Landbesitzer teilgenommen hat“. „Man beschuldigt uns“, hat er gesagt, „daß wir die Bauerndiktatur wollen. Nun wollen wir aber keine Diktatur, obwohl wir nach unserer Stärke berechtigt wären, sie zu rekla­mieren, während andere, die viel schwächer als die Bauern in diesem Lande sind, eine solche Diktatur anzustreben scheinen“. Ein anderer Hinweis auf „die Grafen, die ferngeblieben sind“. Politisches Bulletin vom 8. Juni 1921. Vor dem Verlassen der Schweiz hat Karl seinen Zwist mit dem Erz­herzog Albrecht (Haus Friedrich) dem Urteil des Königs von Spanien, des leiblichen Vetters Albrechts, unterbreitet. Dieser ist durch seinen Brief schwer kompromittiert, den er am Vorabend der Ankunft Karls in Stein­amanger an den Justizminister Tomcsányi gerichtet hat. Aus diesem Brief, der sich in den Händen eines Anhängers des Hauses Habsburg befindet, geht mit Sicherheit hervor, daß Albrecht die Abgeordneten Benitzky und Szmrecsányi in dem Augenblick, als sie Karl zum König in Steinamanger ausrufen wollten, angezeigt hat. Es geht aus diesem Brief auch hervor, daß Erzherzog Albrecht gegen die Rückkehr Karls agitiert, und daß er gewissermaßen der Agent aller Gegner des „legitimen Königs von Ungarn“ war. In den Augen der naturgemäß legitimistischen Herrscher bilden diese Treibereien Albrechts ein Verbrechen. Karl besteht darauf, daß die Affäre durch einen Spruch Alphons XIII. erledigt werde, bevor er den spanischen Boden betritt. Währenddessen bemühen sich seine Freunde, vor allem der Fürst Windischgrätz, die englische und französische Aristokratie zugunsten Karls umzustimmen. Der Erzherzog Josef in Budapest „wacht“ über die Interessen des Hauses Habsburg. Seine Vertrauten bestätigen, daß er sich mit Karl für jede Eventualität verständigt hat. Es ist sehr wahrscheinlich, daß er die Mitteilungen, Band 9 36

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