Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
CHRISTOPH, Paul: Dokumente zu den Restaurationsversuchen des Königs Karl IV. von Ungarn
538 Paul Christoph von Rapallo eine „unerlaubte und brutale“ Einmischung in die inneren Angelegenheiten Ungarns, das trotz allem souverain ist. Politisches Bulletin vom 8. Februar 1921. Im Augenblick, in dem ich diese Zeilen schreibe, macht das Casino große Anstrengungen, um Herrn T. B. Hohleru) zu bewegen, seine Äußerungen gegenüber einem Redakteur des „Szózat“, dem unzufriedenen und habsburgerfeindlichen militanten Kalvinistenblatt, richtigzustellen. Diese Erklärungen sind mitten in die politische und parlamentarische Verwirrung, die das Land zerreißt, wie eine Bombe geplatzt. Herr T. B. Hohler hat nur, sagt man, in Budapest das wiederholt, was Benesch jüngst in Prag sagte, und was der Minister als eine unerhörte und brutale Einmischung in die inneren Angelegenheiten Ungarns bezeichnet hat. Die Grafen Apponyi und Andrássy protestieren ihrerseits gleichzeitig im „Uj Nemzedék“ in heftigen Worten gegen die an Ungarn gerichteten Drohungen, falls die ungarische Nation es für richtig finden sollte, „ihren legitimen König“ wieder einzusetzen. Man braucht nicht zu sagen, daß die habsburgerfeindlichen Ansichten des Herrn Hohler die Habsburgerfeinde im Parlament ermutigen. Alle Kombinationen der Legitimisten des Casinos, um das frühere Regime zu restaurieren, sind in diesem Augenblick über den Haufen geworfen. Und deshalb glaubt man im Casino an eine Verschwörung des Herrn Hohler mit den Kalvinisten gegen Apponyi und Andrássy, die freimütig im „Uj Nemzedék“ erklären, daß sie diesen Affront „von seiten eines Engländers“ nicht verdient haben. Was sie vor allem enttäuscht, ist der Umstand, daß das Interview des Herrn Hohler gleichzeitig als eine Antwort auf die Versuche des Casinos angesehen werden muß, den Hof und die Tories von England dazu zu bringen, die habsburgische Legitimität anzuerkennen. Ich habe schon hier diese Demarche in London durch die Vermittlung der spanischen Gesandtschaft und des Herrn Alfred Merry des Val angekündigt. Diese Demarche wurde seither von einer anderen begleitet, die der ehemalige General Erzherzog Friedrich (Bruder der Königinmutter) * 12), in demselben Sinne bei seinem katholischen Neffen in Madrid unternommen hat. Die Erklärungen des britischen Hochkommissärs lassen nun erkennen, daß alle diese Bemühungen vergeblich waren. Und da diese Erklärungen im Zeitpunkt des Besuchs Benesch’ gemacht werden, stellt man mit Schrecken im Casino wie im Außenministerium fest, daß auch unter diesem Gesichtswinkel Einverständnis zwischen Rom und London herrschen müsse. 11) Englischer Hochkommissar in Budapest. 12) Erzherzog Friedrich Maria Albrecht, Bruder der Regentin von Spanien, Maria Christine von Österreich, Mutter Alphons XIII.