Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

CHRISTOPH, Paul: Dokumente zu den Restaurationsversuchen des Königs Karl IV. von Ungarn

Dokumente zu den Restaurationsversuchen des König Karl IV. 537 Politisches Bulletin vom 31. Januar 1921. Im Einverständnis mit Teleki arbeiten die Legitimisten des Casinos jetzt in London darauf hin, die britische Regierung dazu zu bringen, die Legitimität der Habsburger anzuerkennen und ihnen ihre Rückkehr zu erleichtern. Die spanische Gesandtschaft dient als Vermittlerin in dieser Angelegenheit. Die intimen Beziehungen zu dieser Gesandtschaft datieren vom Zeitpunkt, da der Schwager des Grafen Apponyi, der Graf Mensdorff- Pouilly, früherer Gesandter Österreich-Ungarns, dem Gesandten Spaniens, Alfred Merry del Val (Bruder des früheren Staatssekretärs im Vatikan), die Sache des „wiedergeborenen katholischen“ Ungarn empfohlen hatte. Seither haben Apponyi und Teleki ohne Unterbrechung mit der spani­schen Gesandtschaft korrespondiert, und sie wurde in gewissem Sinne der Repräsentant des Budapester Casinos beim Hof und den englischen Lords. Die Legitimisten glaubten umsomehr, sich auf die Hilfe des Ge­sandten Seiner katholischen Majestät stützen zu können, als Alphons XIII. der direkte Neffe des früheren Generals, des Erzherzogs Friedrich8 *), und sein Bruder, der Kandidat auf den polnischen Thron, der Erzherzog Karl Stephan ist. Die Königinmutter®) ist demnach die Tante und Alphons der Cousin des legitimen Königs von Ungarn. Jüngst haben die Legitimisten des Casinos ihre Beschwerden gelegent­lich der Erklärung Benesch’ formuliert, weil Benesch sagte, daß Italien und die Kleine Entente die Rückkehr der Habsburger als „Casus belli“ betrachten würden. Gestern hat sich seinerseits der Ministerrat mit den Erklärungen Benesch’ befaßt. Man hat ein Projekt diskutiert, sich an den Obersten Rat in Paris mit dem Verlangen zu wenden, die Frage vom Standpunkt des Vertrages von Trianon aufzuklären. Die Klauseln betref­fend „Sanktionen“ könnten nicht gegenüber Karl von Habsburg ange­wendet werden, weil man sogar in Paris zugestanden hat, daß Karl „keine Handlungen gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges“ begangen hat, und weil H. Clemenceau10) Beweise der persönlichen Schuldlosigkeit des Exkaisers in Form seines bekannten Briefes an den „Lieben Sixtus“ in Händen hat. Unter diesen Bedingungen bildet die Klausel im Vertrag 8) Erzherzog Friedrich Maria Albrecht, Herzog von Teschen, geh. 4. VI. 1956 in Groß-Seelowitz, Feldmarschall der ehern, österr-ung. Armee, vermählt am 8. X. 1878 mit Isabella Prinzessin von Croy, gest. 30. XII. 1936. Erzherzog Friedrich war der Sohn d. Erzherzogs Karl Ferdinand (1818—1874) u. d. Elisabeth Erz­herzogin von Österreich (1831—1903). Seine Schwester Maria Christine von Österreich (1858—1929) war die zweite Gemahlin (1879) des Königs von Spanien Alphons XII. (1857—1885), nach dessen Tode sie die Regentschaft (1885—1902) für ihren Sohn, den König Alphons XIII. (1886—1941) führte. Alphons XIII. dankte 1931 ab. «) Die Regentin von Spanien, Maria Christine von Österreich. i») Georges Clemenceau, französischer Politiker, Kriegsminister u. Minister­präsident während des ersten Weltkrieges. Er zwang 1918 Deutschland zur Kapitulation.

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