Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
CORETH, Anna: Unbekannte Briefe P. Marco d'Avianos an P. Gabriel Pontifeser aus Klausen (1690–1697)
Unbekannte Briefe P. Marco d’Avianos an P. Gabriel Pontifeser aus Klausen 25 seit 1680 in engster Beziehung stand — hatte sich, obwohl erst seit einer Generation katholisch geworden, im katholischen Europa eine Stellung geschaffen, die etwa mit jener der protestantischen Coburger im 19. Jahrhundert vergleichbar ist. Philipp Wilhelm, der in seiner Frühzeit noch zum französischen Lager tendiert hatte, war unermüdlich tätig im Sinne einer günstigen Familienpolitik und konnte den raschen Aufstieg seines Hauses insbesondere durch das Erbe des ausgestorbenen Hauses der Kurpfalz, das ihm die Kurwürde brachte, erleben; — ein Erbe, das ihn endgültig ins kaiserliche Lager zog, das ihm aber auch jahrelangen verheerenden Kriegszustand in sein Fürstentum brachte. Die verwandtschaftlichen Beziehungen waren von ihm gut geknüpft worden. Unter seine 17 Kinder zählten nicht nur der zukünftige Kurfürst Johann Wilhelm, und die beiden Bischöfe Alexander Sigmund von Augsburg und Ludwig Anton, Hoch- und Deutschmeister und Bischof von Worms, sondern auch die Königinnen Maria Anna von Spanien uind Maria Sophia Elisabeth von Portugal, nicht zuletzt aber die Kaiserin Eleonore Magdalena, die dritte Gemahlin Leopolds I. So spannten sich die Familienbindungen des kleinen Pfalz-Neuburg weithin aus und es konnte ein wichtiger Angelpunkt zwischen den habsburgischen Höfen sein, sofern es sich nicht zusehr von familieneigener Politik leiten ließ. Die Heirat Maria Annas, der Schwester der Kaiserin, mit dem spanischen König Karl II., am 4. Mai 1690 geschlossen, nachdem dessen erste Ehe mit Maria Louise von Orleans kinderlos geblieben war, muß im Sinne einer habsburgischen Politik gedeutet werden. Dies beweist die Tatsache, daß unmittelbar auf die Eheschließung der Beitritt Spaniens zur Großen Alliance im Juni 1690 erfolgte und damit „die Waagschale Frankreichs in die Höhe schnellte“ * 5). So wurde zunächst die Wittelsbacherin die Vertreterin der habsburgischen Partei in Spanien, die habsburgische Königinmutter aber, die andere Maria Anna, Schwester Leopolds I., setzte sich mit Energie für ihren Enkel, den bayrischen Wittelsbacher Karl Theodor als präsump- tiven Nachfolger bei Kinderlosigkeit des Königspaares — die zu erwarten war — ein. Würde die junge Königin ebenso für einen habsburgischen Thronerben eintreten? Dies war eine wesentliche Frage. In diese Situation hinein sind die Briefe Marco d’Avianos, die uns hier vorliegen — mit Ausnahme des ersten —, geschrieben. Denn zwei Jahre nach der königlichen Hochzeit wurde plötzlich der bewährte Jesuitenpater Rhem als Beichtvater der jungen Königin fallen gelassen und diese Stellung erhielt der ihr seit langem aus dem Elternhause wohlbekannte P. Gabriel von Klausen. Sie habe sich „mit Pater Rhem nicht Zerstörung der Pfalz von 1689, München-Berlin 1930. — Carl August Finweg, Geschichte des Herzogtums Neuburg — ehemals die junge, nachhin auch die neue Pfalz genannt. Neuburg a. D. 1871. 5) Srbik, S. 18.