Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel
Metternich und Gervay 243 seinen ältesten Herrn Söhn zu verheirathen, seiner Mt. dem Kaiser eröfne. Ich habe dem Erzherzoge gesagt, Euere Durchlaucht hätten an mich diese Frage mit der Weisung gestellt, davon Höchstihm (dem Erzh. Ludwig) Kennt- niss zu geben. Der Erzherzog antwortete, unterm seligen Herrn hätte diess vor allem geschehen müssen, u. der Gegenstand wäre bis zum erlangten Ja-Worte der Braut u. der Eltern geheim geblieben. Izt ist es anders, u. er werde, da bereits die Allgemeine Zeitung hierüber einen Artikel enthält, dem Erzherzog Carl sagen, dass er dem Kaiser die Meldung mache. Diess soll ich Euerer Durchlaucht zur alleinigen Kenntnissnahme eröfnen“.— „Wegen der böhmischen Wallhalla hat der Erzherzog mir den Auftrag ertheilt, in seinem Namen den Grafen Kolowrat in dem Sinne zu sprechen, ob ihm hierüber etwas bekannt sey ? “ — Gervay hat dem Eh. Ludwig sein Gespräch mit dem ungarischen Kanzler1) berichtet. Der Eh. gab Gervay den Auftrag, den Grafen Mailáth4) zu einer „baldigen Abhaltung einer geheimen Comité-Berathung“ zu veranlassen, und meinte, „es müsse cathegorisch darauf gedrungen werden, ein Substratum zu erlangen, wie soll in Ungarn regiert werden?“ Gervay glossiert diese Aeusse- rung: „Sehr richtige Worte, nur möge dann auch auf die Ausführung cathegorisch gedrungen werden“. M. an G.s Ischl, 4. VIII. 1843: „Zu meinem Schreck erfahre ich, dass der Kaiser noch nicht von der Heiraths-Geschichte des Erzh. Albert1) unterrichtet ist! Mein Eindruck gründet sich weniger auf den persönlichen Eindruck, den ein so hetero- kliter Fall auf S. M. machen musste, als auf den Werth eines Symptoms des Regierungs-Verhältnisses, welches heute das Unsrige ist! Gehen die Sachen in diesem Geleise fort, so muss der Staat sich auf- lösen, und die Glieder der Ah. Familien werden selbst die Hand an die Abtragung des Gebäudes legen. Wo kein Centrum ist, muss alles in der Peripherie in Stücke zerfallen! Dass denkende Männer sich in einer solchen Lage der Dinge zu gefallen vermögen, gränzt an das Unglaubliche. Wir leben aber in dessen Athmosphere! Dafür bürge ich, dass ich nicht als der Helfershelfer des Uebels aus der Welt scheiden werde! Sollten die Dinge zu irgend einem Extrem treiben, so gebe ich desshalb nicht nach! Die Anzeige der böhmischen Walhalla steht schon in der Leipziger Allgemeinen Zeitung, wie diess die Anlage beweisst. In welchem Sinne dieser Czechismus sich ausspricht, d. zeigt der Aufsatz in unver- holenen Worten! Zeigen Sie denselben dem H. Erzh. Ludwig. Ich werde Ihnen in kurzem mehrere Relicta schicken. Ich stecke seit ein paar Tagen in ungeheurer Schreiberey wegen den spanischen und den serbischen Wirren. Die ersteren nehmen den Weg alles Fleisches! Wir stehen hier stets zwischen 1 Tag schönem Wetter und 2 Tagen Regen. Mit meiner Cur werde ich am 11. d. mit dem bessten Erfolge fertig. Am 12. denke ich die Fahrt nach Böhmen anzutretten. Ich gehe gerade nach Königswart, wo mich Leute erwarten, und höre mit Plas3 auf. Mit Ende August werde ich zu Wien eintreffen.“ 4) Siehe XXX. t). 16*