Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel
234 Friedrich Walter meine Ansicht vollkommen theilen wird. In Anbetracht der Nothwendig- keit, dass das Geheimniss über das Bestehen des russischen unverdauten Ansinnens beobachtet werde, ersuche ich Sie, von meinem Vortrage dem H. Erzh. Ludwig allein Kenntniss zu geben und selbe nicht auf den Gr. Kolowrat auszudehnen. Entwurf der allerhöchsten Resolution: Nach reifer Erwägung der von Ihnen dargestellten Verhältnisse halte ich ein Eingehen von unserer Seite in die gegen Grafen Colloredo zur Sprache gebrachte Idee des russischen Cabinetes, gemeinsame Massregeln gegen Serbien betreffend, nicht für zulässig. Sie haben daher ein derartiges Ansinnen, wenn es durch den kaiserlichrussischen Gesandten gegen Sie vorgebracht werden sollte, unter Benützung der Ihnen zu Gebote stehenden, von Ihnen angedeuteten Argumente abzulehnen, jedoch zugleich dem Kaiser von Rußland die Versicherung ertheilen zu lassen, daß ich wie bisher, so auch für die Zukunft, gerne bereit seyn werde, gemeinschaftlich mit ihm in allen anderen zulässigen Wegen für Erreichung des beiderseitigen Zweckes, Herstellung der Ordnung und des Friedens in Serbien, zu wirken.“ XLIX. M. an G., Ischl, 28. VII. 1843: „In den Anlagen finden Sie zwey Conferenzial-Gutachten, welche die wichtigsten Fragen der ungarischen Angelegenheiten betreffen. Ich hoffe, dass Sie die Zustimmung des Herrn Erzherzog Ludwig erhalten werden, und sollte ich mich hierin nicht irren, so bliebe nur der Wunsch, dass ihnen die schnellste Folge gegeben würde. Das Wahre in den ungarischen Zuständen ist, dass alles in ihnen schlecht steht, dass im Schlechten jedoch die Regierung sich in einer besseren Lage als die ihr entgegengesezten Partheyen befindet. Die Regierung hat das Recht und den Nutzen des Landes zur Grundlage ihres Standpunktes, während die Oppositionen auf reinem Dunst stehen, und das Stehen auf Dunst ist eine bisher noch nicht erfundene Kunst! Als Gegenstück dieses moralisch und materiell unläugbaren Standes der Dinge ist es sicher, dass der Schein für die Opposition spricht, und diess ist der Fall, weil dieselbe stets handelt und geht und die Regierung sich entweder passiv oder lahm zeigt. S o kann kein Land, in dem die Ordnung einmal gestört ist, wieder zum Guten geführt werden, und diess insbesondere kein Land, in dem das repräsentative System besteht! Da es eine unerlässliche Wahrheit ist, dass allgemein, aber recht sicher unter den Bedingungen dieses Systemens alles das, was nicht vorschreitet, zurückgeht, so muss die Regierung vorschreiten, und um diess zu können, muss sie sich der Mittel hierzu versichern. Ich berühre die durch die Lage der Kanzley!) und des Regierungs-Centrums gebotenen Mittel; sie sind die mir allein bekannten!“ XLIX. i) Sc. die ungar. Hofkanzlei.