Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel

Metternich und Gervay 233 M. an G., Ischl, 27. VII. 1843: „Die Fragen, welche die Stellung Croatiens in seinem Innern und Ungarn gegenüber betreffen, tragen den Charackter der höchsten Wich­tigkeit. Sie können eben so wenig sich selbst überlassen bleiben, wie diess nie der Fall mit irgend Staats- und Regierungsfragen sein sollte! Beschäftigt man sich mit den croatischen Zuständen? Ich weiss hier­von Nichts. Die Kanzley muss gedrängt werden, diesen so wichtigen Gegenstand ohne Verzug S. M. zu unterlegen. Sie wird es können oder nicht können; kann sie es, so besitzt das Centrum ein Substrat zur fer­neren Verhandlung der Sache; kann sie es nicht, so muss das Centrum sich vor allem selbst ein Substrat schaffen. Sagen Sie diess dem Gr. Hartig3) und dem Frh. v. Kübeck. Die Sache ist von der höchsten Wichtigkeit! Der Personal ist nicht hier angekommen. W o er ist, weiss ich nicht. Der Mann scheint physisch wie moralisch unfindbar zu sein. Wir haben die letzten Tage in einer Art Sindfluth verlebt. Die Tem­peratur war unter 8°. Heute scheint sich das Wetter wieder bessern zu wollen.“ XLVIII. M. an G., Ischl, 27. VII. 1843: „Ich bitte Sie, den Vortrag in Betreff der servischen Wirren *)> den Ihnen der B. Ottenfels2) übergeben wird, sobald möglich zur ah. Er­ledigung zu bringen. In der Anlage finden Sie die Resolution, wie ich selbe als die angemessenste erachte. Ich halte auf die schnelle ah. Reso­lution, weil sie mir als Grundlage für meine Sprache gegenüber dem Grafen Medem 3) wird dienen müssen, welcher wohl nächstens hier ein- treffen wird, um sich des Auftrages zu entledigen, der aus des Grafen Colloredo 4) ersten Berichten aus Petersburg ersichtlich ist. Dieser Auftrag liefert einen neuen Beweiss, wie leicht sich der Kai­ser Nicolaus5 6) excentrischen Plänen überlässt. Wenn solche Pläne schlecht auf Russland zurückwirken, so sind sie für uns gänzlich unan­nehmbar. Ich zweifle keinen Augenblick, dass der H. Erzherzog Ludwig 3) Siehe XVII. 12). XLVIII. 1) Michael III. Obrenovic war am 7. September 1842, flüchtig vor einem gegen ihn sich richtenden Aufstand, auf österr. Gebiet übergetreten. Am 14. September hatte das Volk Alexander Karageorgevic zum Fürsten gewählt, der auch die Bestätigung der Pforte erhielt. 2) Siehe XI. 1). s) Paul Graf von Medem, russ. Gesandter in Wien. 4) Franz Graf Colloredo-Wallsee, nunmehr österr. Botschafter in St. Peters­burg (siehe XIII. »). 6) Zar Nikolaus I.

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