Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel

Metternich und Gervay 231 Der Würfel ist übrigens geworfen und das Glück wird entscheiden! Da mir viel daran gelegen ist, dass Sie ganz helle in der Sache sehen, so vertraue ich Ihnen das folgende: Am Tage nach dessen Ankunft (vorgestern) verfügte ich mich zu dem H. Erzh. Franz Carl. Ich sagte ihm, ich seye eben mit der Äusserung über die böhmische Sache beschäftigt. Hierauf sagte mir S. k. H. die folgenden sacramentellen Worte: ,Der Erzh. Ludwig hat mir eigends aufgetragen, Sie zu bitten, die Frage strenge zu prüfen; er begreift den Antrag der Anstellung des Erzh. Stephan in Böhmen nicht und findet die Sache sehr gefährlich. Ich finde sie rein absurd. Wir werden beide Ihnen zustimmen!‘ Ist diess der Fall, antwortete ich dem E., so wundert es mich, dass die Frage, o b der H. E. St. die Leitung Böhmens übernehmen solle, nicht längst zu einer Conferenzialberathung geeignet betrachtet wurde. Es besteht ein grosser Unterschied zwischen den Momenten, in welchen eine Sache ergriffen wird; in ihrem Entstehen ist sie leicht zu regeln; an ihrem Ende steht alles anders. ,Sie haben vollkommen Recht', erwiederten S. k. H., ,auch begreift der Erzh. Ludwig nicht, wie die Sache so auf Einmal von Gr. K. von Ebreichsdorf aus angeregt wurde, wo dem Erzh. Nichts übrig blieb, als die Entscheidung Ihnen zuzuweisen. Wie Sie stimmen werden, wird der Erzh. entscheiden!' Diess ist, sagte ich, kein Geschäftsgang, sondern ein Weg, auf dem die Monarchie zu Grunde gehen muss! Ich werde meine Abstimmung zu Papier bringen und E. k. H. vor deren Abgang mittheilen. Diess ist in kurzen Worten der Extrackt einer langen Besprechung, in welcher der Erzh. F. C. die lebendigsten Klagen über das Herum­jagen des Eh. Stephan führte und die Frage des Momentes ganz richtig beurtheilte, wobey er stets beifügte: ,So denkt auch der Erzh. Ludwig und seine Hoffnung ist, dass Sie die Sache zu regeln wissen werden!' So steht auch die Sache mit der Zugabe, dass — hierüber wäre ich bereit, meine Hand in’s Feuer zu legen — Gr. Kolowrat im foro interno über selbe denkt wie ich und die H. H. Erzherzoge, Die ganze Geschichte ist ein Abfangen des Gr. Kolowrat durch den Erzh. St., welcher sich, genau erwogen, selbst zum Regenten von Böhmen ernannt hat! Es wäre nicht denkbar, dass Gr. K. Böhmen so wenig kennen sollte, dass er auch von ferne glauben könnte, dass aus der von ihm aus Schwäche begünstigten Sache nicht herbe Compromissionen erwachsen werden! Die Stellung, welche ich annehme, ist die allein mir zu Gebote stehende. Das Übel, welches ich zu verhindern nicht vermag, wünsche ich wenistens durch die noch in den Händen der Regierung liegende möglichste Regelung der Stellung in Schranken zu führen. Hier

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