Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel
230 Friedrich Walter Die Geschichte im Stuhlweissenburger Komitate wundert mich nicht. Ich glaube, dass, gäbe es gar keine Regierung im heutigen Ungarn, dasselbe sich leichter helfen würde als mittelst der Werkzeuge, welche dem König zu Gebot stehen und welche wie Hemmschuhe wirken.“ XLV. G. an M., 23. VII. 1843: Gervay meldet, daß sich „die Comité-Arbeit >) über die kirchlichen Angelegenheiten“ bei Eh. Ludwig befinde, der sie „mit gehöriger Müsse“ überlegen wolle. — Er übersendet dem Fürsten mehrere auf die ungarischen Verhältnisse sich beziehende Schriftstücke und kündigt ihm eine Denkschrift des Grafen Széchény 2) an, mit Vorschlägen, „wie in Ungarn zu regiren seyn würde, falls, was er für sehr wahrscheinlich hält, der jetzige Landtag aufgelöst werden müßte, ohne daß irgend etwas von den so schönen, loyalen k. Propositionen durchgeführt werden würde“. XLVI. M. an G., Ischl, 24. VII. 1843: „G e h e i m. Ich schicke Ihnen 1° ein Schreiben an den Herrn Erzh. Ludwig, 2° detto an den Grafen v. Kolowrat, beide sub volanti, damit Sie Einsicht von selben nehmen können. Ich ersuche Sie, selbe vor der Abgabe mit meinem Siegel in der Kanzley versiegeln zu lassen. 3° ein Conferenzialgutachten über die böhmische Geschichte. Es dient als Erwiederung auf das von Ihrer Schrift an mich gelangte Schreiben des Grafen Kolowrat. 4° die von mir unterfertigte Eingabe des Gr. v. K. in Betreff der Annahme des Abtrittes des Gr. Choteck 4). 5° die Erledigung Ihres Schreibens v. 19. July, welche aus Versehen bis heute hier liegen blieb, statt am 21. abzugehen. Aus diesen sämmtlichen Acktenstücken werden Sie, lieber Gervay, meine Ansicht in einer Frage kennen lernen, welche ein Gewebe von Intriguen und Schwäche ist; die ich längst habe sich entwickeln sehen und welche der Monarchie centnerschwer auf die Schultern fallen kann, tritt nicht ein Fall ein, den niemand vorhinein berechnen kann. Dieser Fall wäre, wenn der H. Erzh. Stephan* 2) ein wahrer Staatsmann ist! Nun fürchte ich, dass dem wohl anders sein könnte, und wäre diess auch nur, weil die Vielredner und Vielthuer selten Staatsmänner sind! XLV. i) Siehe XXIX. 2). 2) Stephan Graf Széchényi, der „größte Ungar“ (1792/1860). XLVI. 1) Siehe IX. 5). 2) Siehe XLI. 3).