Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel
228 Friedrich Walter Sie ist so wichtiger Art, dass ich Ihnen erst morgen die auf selbe Bezug habende Arbeit, welche ich bis dahin zu Papier bringen werde, übersenden kann. Der H. Erzh. Franz Carl wird heute erwartet. Ich werde seine Ansichten, nicht zur Richtschnur meines Gewissens, sondern zu jener meines Urtheils über das, was er denkt — ausholen. Das Ergebnis wird sein, dass er Nichts denkt, welches mich zwingen wird, um so mehr Gewicht auf den Ausspruch meiner Überzeugung zu legen. In ihren Hauptgrundlagen spricht sich dieselbe folgendermassen aus: 1° Annahme der Demission des Gr. Choteck1), denn er hat sich selbst annulirt. 2° Richtige Auffassung des Ersatzmannes und dessen Stellung. 3° Verwendung des H. Erzh. Stephan3), jedoch unter sehr fest gestellten Formen und Cautelen, von denen ich in den heute erhaltenen Briefen des Gr. Kolowrat keine Spur finde! Diess behalten Sie für sich, bis meine Arbeit Ihnen zukommen wird. Ich lege auf das Geschäft ein so hohes Gewicht, dass ich mich alsbald entschlossen habe, unter dem ganz annehmbaren Vorwände, die hiesige mir zusagende Bade-Cur zu verlängern, meinen Aufenthalt in Königswart aufzugeben. Ich will mich von dem Centro so wenig als möglich entfernt halten. Erlauben mir es die Umstände, so gehe ich in der Mitte des August vieleicht auf einige Tage nach Plass, wohin mich bedeutende Interessen rufen. Diess würde sich wie eine Excursion auf eine Zeitfrist von 10—12 Tagen beschränken.“ XLII. G. an M„ 20. VIII. 1843: Bericht über die Beförderungen in der Staatskanzlei. — Graf Felix Zichy >) hat Gervay besucht und den üblen Gang des ungarischen Landtags zu begründen versucht; er kündigte an, daß Graf Széchén3) (der Sohn) Metternich in Ischl aufsuchen und dem Staatskanzler „über die Lage der Dinge überzeugende Aufschlüsse geben“ wolle. M. an G., s. d. (Ischl, 22. VII. 1843): „Die Ihnen gestern angekündigte Arbeit werde ich erst mit der morgigen Post abzusenden im Falle sein. Es wird mir lieb sein, mich mit dem Grafen Seczen 2) zu besprechen oder vielmehr ihn sprechen zu lassen. Was ich über die ungarischen Verhältnisse denke, wissen Sie. Wir stehen in denselben, wie ein Mensch, dessen Geist wach ist, dessen Gliedmassen aber mit einer Lähmung behaftet sind. In den ungarischen Verhältnissen spricht sich diess aus, weil sie einer dringenden Hilfe bedürfen. Das Übel ist aber ein allgemeines mit dem einzigen Unterschiede, dass es in den deutschen Provinzen XLII. i) Felix Graf Zichy-Ferraris (1810/85). 2) Anton Graf Szecsen von Temerin.