Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel

Metternich und Gervay 227 führen“. Gervay schließt seinem Schreiben zwei Briefe des Grafen Kolowrat in der gleichen Angelegenheit an, einen verschlossenen und einen offenen, den ihm Kolowrat in die Feder diktiert hatte, und führt unter Berufung auf das ihm vom Fürsten stets geschenkte Vertrauen aus: „Der auf dem Inhalte des hier offen vorliegenden Schreibens Sr. Exzellenz des Gr. Kolowrat beruhende, auf den Erzh. Stephan 3) sich beziehende Antrag ist, so wie ich von allen Seiten u. in Folge mündlicher Explikationen auch der durchlauchtigsten Herren die Verhältnisse und Ansichten genau aufgefaßt habe, so gestaltet, daß ich mir die u. a. Bitte erlaube, Euere Durchlaucht wollen sich von dem Anträge nicht trennen. Es würde, wie ich bestimmt vorauszusetzen mir erlaube, den Herren Erzherzogen, ganz besonders aber dem Erzherzog Palatin4) u. höchstdessen Sohn Stephan außerordentlich unangenehm seyn, Euerer Durchlaucht alleinige abweichende Meinung in dieser so häcklichen gleichsam Familienangelegenheit zu erfahren. Den Erzherzog Palatin, der sich seit lange so freundschaftlich Euerer Durchlaucht nähert, würde es ungeheuer verletzen, wenn sein so lebhafter Wunsch der gehegten Bestimmung seines Sohnes in Euerer Durchlaucht Ansicht ein Hindernis finden sollte. Es würde aber auch den so lebhaften Erzherzog Stephan, der, man kann sichs nicht verhehlen, bei seinem regen Geiste und Drang nach Beschäftigung früh oder später eine Potenz für die Monarchie zu werden verspricht, von Euerer Durchlaucht ferne sich halten sollte, da er jetzt einen großen Werth auf Euerer Durchlaucht Zuneigung legt. Euere Durchlaucht haben durch die lange Zeit Ihres welthistorischen Ministeriums — u. der Himmel möge geben, daß es noch lange in Hochdero Händen bleibe — durch Weisheit und die Euerer Durchlaucht so eminent eigene Ruhe die schwierigsten Angelegen­heiten des Staates geschlichtet! Ich halte mich überzeugt, Euere Durchlaucht werden mit Ihrem hohen Geiste auch die itzige Macht unserer eigenen Ver­hältnisse zu würdigen wissen und sich von einer Sache nicht trennen, auf wel­cher, ich bitte es mir nicht anmaßend zu deuten, die Einigkeit des Ministerium beruhet.“ — Eh. Franz Karl und Ehin. Sophie begeben sich am 20. Juli nach Ischl. — Übersendung von Preßburger Landtagsnotizen: „Croatien stellt sich ... stäts schroffer gegen die magyarischen Anmaßungen u. zu allem dem großen Übel kömmt noch das eben so große, daß der Kanzler Graf Mailáth3 * 5), wie Seine Exzellenz Graf Kolowrat mich beauftragen, Euerer Durchlaucht zu rela- tioniren, physisch u. moralisch dermaßen herabgestimmt sey, daß für die itzigen Verhältnisse seine Dienste als verloren angesehen werden müssen. Was geschehen soll? darüber bittet der Graf wollen Euere Durchlaucht Hochihre weise Ansicht gütigst mittheilen.“ M. an G.s Ischl, 21. VII. 1843: „Es giebt nach meinem Gefühle keine heute für die Monarchie folgen­reichere Angelegenheit als die in Ihrem Berichte angeregte. Sie ist, wie alles übrige, elend geführt worden und das Werk einer Intrigue, der Schwäche, welche im Centro obwaltet, des abrupten Handelns in den Dingen und des Mangels an Einheit in der Behandlung der wichtigsten Staatsgeschäfte. Ich gehöre zu den Menschen, welche nur Gott und ihre Pflicht im Auge halten und dem Kaiser sonach treu, ohne Scheu noch Nebenrüek- sichten dienen. Aber eben weil ich s o stehe, weiss ich zu unterscheiden, was zu Haupt- und zu Neben rücksichten zu rechnen ist. Alle casus pro amico zähle ich zu den letzteren und wende sonach die Regel eben­falls auf die in Rede stehende Frage an. 3) Eh. Stephan (1817/67), Sohn Eh. Josephs, Palatins von Ungarn. 4) Siehe I. 2). 5) Siehe XXX. i). 15*

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