Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel
Metternich und Gervay 217 werden muss, in tausenden von Artickeln der Zeitpresse in’s Publikum zu bringen! Das Heil der meisten Regierungsaufgaben liegt im W i s s e n, was man wollen soll, und in der Vorbereitung des Terrains. Hätten wir den Krieg von 1813 nicht v. Jahre 1810 an vorbereitet, so würde heute kein Österreich’sches Kaiserthum mehr bestehen! Das Schlagwort — Tolleranz — empfele ich sehr. Wirkners) soll es laut, insbesondere gegen Wesseleny * 4) aussprechen. Hier /: im Salzkammergute :/, wo die Bevölkerung gemischt ist und gi-osse Reibungen in puncto der gemischten Ehe im Verlaufe der lezte- ren Jahre bestunden, sind seit der Bekanntwerdung der päpstl. Aussprüche alle Anstände verschwunden. Noch kein Fall der passiven Assistenz ist eingetretten. Die Bräute bestehen auf der cath. Kindererziehung und die Väter willigen ein.“ XXX. G. an M., 9. VII. 1843: „Der hier gehorsamst angeschlossene Auszug aus den Notizen von Preßburg beweiset, dass die Landtagsverhandlungen nicht die vor wenigen Tagen gehegte Richtung nehmen. Schon hörte ich bemerken, daß es bald Zeit seyn dürfte, dass die Regierung ein gemessenes Monitorium erlasse. — Se. Exzellenz der Hofkanzler Gr. Mailáth 1) ist noch krank u. wird, wie dessen Arzt versichert, vor 10 bis 14 Tagen den Geschäften sich nicht widmen können. — Se. Exzellenz B. Kübeck hat mir mit der Rückstellung einiger Communikate seine Ansichten über Ungarn in kurzen Sätzen eröfnet, welche ich als zweite Anlage hier beischliesse. Euerer Durchlaucht Weisheit werden deren Gewicht zu würdigen wissen. — Ich erlaube mir, Euerer Durchlaucht anzuzeigen, dass man in Pressburg allenthalben wisse, dass die Regierung auch für den itzigen Reichstag mit Ausnahme schöner Propositionen Nichts vorbereitet habe. Ein Vorwurf, der höchst empfindlich und leider wahr ist! — Zu Euerer Durchlaucht engvertraulichen Kenntniss- nahme halte ich mich verpflichtet zu bringen, dass man bemerken will, dieser Vorwurf drücke des Kanzlers Mailáth Gewissen u. diess sey seine vorzügliche Krankheit.“ M. an G., Ischl, 11. VII. 1843: „Als Bemerkungen zu diesem Berichte wie zu der Äusserung des Frh. v. Kübeck beschränkd ich mich auf das Folgende. Der wahre Stand der Hungaricis (!) ist in zwey Thatbeständen bezeichnet: Anarchie im Lande! Anarchie im Regierungsgebiete! Die Anarchie im Lande beruht weniger auf dem, was die Constitution bietet, als auf den Herkommen, welche sich im Verlaufe der letzten 60 Jahre auf dem reichstäglichen wie auf dem Regierungsfelde eingeschlichen haben. Ungarn ist weder regiert noch 3) Ludwig Wirkner v. Torda (1802/1882), Hof Sekretär in der ungar. Hof- kanzlei. 4) Nikolaus Wesselényi d. J. (1797/1850). XXX. i) Anton Graf Mailáth, ungar. Hofkanzler.