Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel
210 Friedrich Walter XX. G. an M., 10. V. 1843: Vorlage der Bemerkungen Kübecks zu dem Entwurf der Thronrede für den ungarischen Landtag, die Gervay ebenso wie seine Abänderungsanträge vollkommen entsprechend erscheinen. Kübecks Bemerkungen zur ungarischen Thronrede (zur Gänze eigenhändig): „Die mitfolgende Rede ist in sehr schönem Latein, enthält aber zwei Sätze, wovon der eine unwahr und der andere mit dem ersteren ein Widerspruch ist. Der Kaiser soll sagen: Hujus partem praecipuam veneranda Majorum instituta constituunt; quae sollicitudine eorum ita servata, ut post octo et quod excedit seculorum intervallum integra ad Vos transirent, immo longaevo roborata usu solidiorem adhuc nacta sint firmitatem. Nun ist die Konstituzion so durchaus nicht mehr integra, dass sie vielmehr ganz gefälscht ist. In den Komitaten soll nach der Konstituzion die sanior pars etc. entscheiden, heute wurde Gewalt und Todtschlag, dann Stimmenmehrheit in das Leben gerufen. Am Landtage sind die Städte hinausgeworfen etc. Soll man dem Kaiser das Loh und die Preiswürdigkeit eines Zustandes in den Mund legen, der mit Blut besudelte Deputirte in den Landtag bringt und der nach einhälligen Gefühlen und Aeusserungen aller Ungarn geradezu unleidlich geworden ist? Der Verfasser hat die Phrase einer Zeit entnommen, in welcher man von der Regierung die Vernichtung der Konstituzion besorgte; man musste damals den Kaiser die Konstituzion loben lassen. Allein dieses Besorgniss ist in Ungarn verschwunden; heute seufzt man nach Sicherheit und nach Kraft der Regierung. Die folgende Phrase: Atque ideo necessitatibus temporum realibusque nationis indigentiis provocatas noviores provisiones avitis Institutionibus his eo aptare modo, ut et hae intaminatae serventur et venerando stipiti insitus tener palmes virens fructi- ferque olim evadat etc. ist ein offener Widerspruch mit der vorigen und zugleich eine Unmöglichkeit. Wenn die erhaltene alte Konstituzion so vortrefflich ist, wird wohl niemand daraus folgern, dass i d e o also darum Neuerungen nothwendig sind. Wie Neuerungen mit der intaminata servatio alles Bestehenden zu vereinigen seyn werden, mag der Verfasser wissen. Ich würde unmassgebig statt der mit Röthel bezeichneten Stellen folgende /:in latinum transferendum:/ Vorschlägen: ,Wie sehr Wir besorgt und bemühet sind, die Grundlagen der Konstituzion des Reichs unverletzt zu erhalten und zu schützen, die konstituirten Gewalten inner den Gränzen ihrer gesetzlichen Macht wirksam zu machen und die Geseze, so viel an Uns liegt, getreu vollziehen zu lassen, ist dem ganzen Lande bekannt. Wir dürfen Uns aber nicht verhehlen, dass die Fortschritte und Bedürfnisse der Zeit und einige missbräuchliche Zustände manche Massregeln wünschens- werth, ja nothwendig machen, um den Instituzionen des Reichs jene Entwike- lung zu geben, welche die Kraft der Geseze zu verstärken und die Bedingungen des allgemeinen Wohlstandes fester zu begründen geeignet sind. Ich rechne auf Eure eifrige, dem Wohle des Vaterlandes geweihte Einwirkung für Zweke, deren Erreichung Euch einst mit dem gerechten Ruhme der Weisheit und aufopfernder Vaterlands-Liebe in dem Andenken Eurer Nachkommen verherrlichen wird’. Hoc in arduo etc. Sonst fände ich die Rede im lateinischen Idiom /: die deutsche Uebersetzung ist sehr unglüklich:/ vollkommen angemessen.“