Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel
Metternich und Gervay 205 die Rede des Erzb.3) in’s halbe Licht stellte. Seitdem die Reden- gedruckt sind und sonach gelesen und meditirt werden können, drängt sich die Rede des letzteren in den Vordergrund. Der König sprach als protestantischer Fürst und der Erzbischof feuerte mit catholischem Geschütz! Der eine brannte sonach ein Feuerwerk ab, während der andere scharf geladen hatte. Mein Erscheinen zu Köln hatte eine grössere Wirkung, als ich mir dieselbe vorstellte. Der Erzb. Geissei hat mich versichert, dass, wäre ich nicht gekommen, nachdem der König mein Auftretten mit einer berechneten Verlautbarung verbreiten Hess, die Bevölkerung das gesamte Werk für eine Falle gehalten haben würde. Diese Behauptung bin ich bereit der Wahrheit treu zu erkennen. Ich habe zu viele Menschen der verschiedenen Partheyen gesprochen, um nicht zu diesem Schlüsse zu gelangen. Die Ausgaben, welche der König macht, sind ihrer Seits von bedenklicher Art. Er hat die Kassen allerdings gefüllt gefunden; die Kunst, sie zu leeren, ist aber keine schwere und der König scheint selbe als Liebhaberey zu treiben. Diess trägt dazu bey, dem ganzen preusischen Treiben einen ganz eigenthümlichen Anstrich zu verleihen.“ XV. G. an M., 10. IX. 1842. Prinz Wasa1) bat Eh. Ludwig um Hilfe in seinen finanziellen Schwierigkeiten. Eh. Ludwig bedeutete ihm, „dass weder der Kaiser noch die österreichischen Finanzen beruffen“ seien, ihn zu „rangieren“, doch werde ihm hinkünftig seine bisher nicht bezogene Gage als k. österr. Feldmarschalleutnant und Divisionär angewiesen werden. Im übrigen solle er einen Vertrauensmann bestellen, der mit Gervay weitere Hilfsmaßnahmen beraten könnte. Als solcher erklärte Freih. v. Erstenberg 2), dem Prinzen sei nichts anders zu helfen, „als sich von seiner Frau auf honorable Art zu trennen, denn diese sey das moralische u. öconomsiche Grundübel des Prinzen, u. dann auf einige Zeit sich unter eine Art honorable, freiwillige Quasi-Tutel zu stellen.“ Auf diese Andeutungen einzugehen, lehnte Gervay ab und beschränkte das Gespräch auf die Möglichkeiten, dem Prinzen aus seinen augenblicklichen Verlegenheiten zu helfen. Erstenberg regte nun an, Österreich möge dem Prinzen die ihm laut Aachener Kongreßbeschlusses noch schuldigen 500.000 Franken ausbezahlen. Allein aus den Akten ergab sich, daß für Österreich, das sich nur zur Leistung von 500.000 Franken verpflichtet und diese Summe samt 4% Zinsen auch beglichen hatte, eine solche Verpflichtung nicht bestand. Man kam dann überein, daß dem Prinzen zur Bedeckung der notwendigsten Auslagen ein Betrag von 6.000 fl. CM. zur Verfügung gestellt werden würde. * 2 s) Johannes v. Geissei (1796/1864), seit 1841 Erzbischof-Koadjutor des in freiwilliger Verbannung lebenden Erzbischofs Klemens August von Köln. XV. i) Gustav Prinz von Wasa (1799/1877), Sohn des 1809 entthronten Gustav IV. Adolf von Schweden, österreichischer Feldmarschall-Lieutenant; seit 1830 vermählt mit Luise Prinzessin von Baden, 1844 wurde diese Ehe geschieden. 2) Vielleicht Joseph Freih. v. Erstenberg zum Freyenthurm (vertrat als Gesandter An’nalt-Bernburg, Braunschweig und Hohenzollern-Hechingen).