Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel
Metternich und Gervay 199 der bisher von ihm als Referent des Hofkriegsrates bezogenen Gehaltszulage ist Gegenstand des Gespräches in der erstaunten Öffentlichkeit. — „Über den Vortrag Euerer Durchlaucht“, so schreibt Gervay weiter, „den Ankauf des Göthe- ischen Hauses in Weimar betreffend 3), ist die Äusserung des Hofkammerpräsidenten* 4), und zwar einrathend auf die a. h. Genehmigung, eingelangt. Ich werde, da mir bekannt ist, daß Euere Durchlaucht auf die baldige a. h. Entscheidung einen besonderen Werth legen, noch heute darüber das Konferenzialgutachten und die Erledigungsentwürfe verfassen und das Stück an Seine Kais. Hoheit den durchl. Herrn Erzherzog Ludwig senden. Ich glaube der Erzherzog wird dagegen nichts zu erinnern finden; obgleich ich zu Euerer Durchlaucht vertraulichen Kenntniss bringen muß, daß der Erzherzog gleich anfangs eine grosse Abneigung, wie er bemerkte, gegen diese ausser allem Interesse Oesterreichs liegende, nicht unbedeutende Auslage äusserte. Dieselbe ist jedoch unvermeidlich und daher gerathen, des guten Einverständnisses wegen sich bereitwillig zu zeigen.“ M. an G., Königswart, 23. VIII. 1842: „Ich hatte zweimal den Besuch des Oberstburggrafen s); einmal, vor er bey Gr. Kolowrat war, und das zweitemal, als er diese Visite zu Mayerhöfen 6) gemacht hatte. Bey der ersten Gelegenheit hatte ich dem Gr. Ch.5) von dem Unrecht, welches er habe, der Ob.K.Stelle so störrisch nachzulaufen, gesprochen, und er verliess mich, wo nicht im Geiste, dennoch in der Art beschwichtigt. Seit er bey Gr. K. war, steht es anders; es scheint, dass ihn Gr. K. über das zu Geschehende zu Rath zog. Nun brennt Gr. Ch. in lodernden Flammen. Ich habe aufgehört, ihm zu sagen, dass ich die Pflicht des Gehorsams stets in die erste Linie der Pflichten stelle; er ist von hier aus wieder nach Mayerhöfen gegangen. Von dort weiss ich Nichts. Ich habe die Sache gegen Gr. Ch. beinebst auf das Feld gestellt -— wer denn Ob. Burggraf werden könnte? Diess, sagte er, seye nicht seine Sache. Er wiess jedoch auf den Gr. Stadion7). S o kann nicht regiert werden; man muss die Leute benennen und ihnen die Wahl der Bedienstung nicht lassen, denn jeder will, 3) Vgl. Joh. Schultze, Der Plan eines Goethe-Nationaldenkmals in Weimar. Der Deutsche Bund und die Erben Goethes. (Jb. d. Goetheges., 12. Bd., Weimar 1926), und Friedrich Walter, Metternich und das Goethe-Erbe. (In: „Die österreichische Furche“, Nr. 12 vom 20. März 1954.) 4) Karl Kübeck Freih. v. Kübau. 5) Karl Graf Chotek von Chotkowa und Wognin (1783/1868). Vgl. Hanns Schütter, Aus Österreichs Vormärz, II., (Zürich—Leipzig—Wien 1920), sowie Friedr. Walter, Der Rücktritt Graf Karl Choteks vom Oberstburggrafenamte und die Ernennung Eh. Stephans zum Landeschef in Böhmen. (Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Deutschen in Bhm., 60. Jg.). 6) Böhmen, Kreis Pilsen. Kolowrat’sche Herrschaft (zusammen mit Pfrauen- berg), 34.000 Joch (davon 20.000 Joch Dominikalland). 7) Gemeint ist Franz Graf Stadion-Warthausen (1806/1853); seit 1841 Gouverneur in Triest (1847 Gouverneur von Galizien, 1848 Innenminister im Kabinett Schwarzenberg). Sein Bruder Rudolf Gf. St.-W. ist damals Hofrat bei der ver. Hofkanzlei.