Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

NECK, Rudolf: Zeitgeschichtliche Literatur über Österreich

Rezensionen 467 seiner Eignung, die Diskussion über die historisch-politische Problematik Europas wesentlich zu beleben und zu befruchten. Anna Coreth (Wien). Kirchengeschichte. Santifaller Leo, Zur Geschichte des ottonisch-salischen Reichskirchen­systems. Österr. Akademie d. Wissenschaften, Phil.-hist. Kl., Sitzungsberichte Bd. 229, Abh. 1, Wien 1954, Verlag Rudolf M. Rohrer, S. 154. Die vorliegende Abhandlung geht auf einen Vortrag zurück, den der Verfasser in der Sitzung der phil.-hist. Klasse der Österr. Akademie der Wissenschaften am 4. November 1953 gehalten hat. Er stellt hier die wichtigsten Tatsachen aus der Geschichte des ottonisch-salischen Reichs­kirchensystems sowie die Wurzeln, das Wesen und die Auswirkungen dieses Systems in einer kurzen Zusammenfassung dar. Nur ein Gelehrter, der seit Jahrzehnten mit den Problemen dieses Forschungsgebietes ver­traut geworden ist, konnte in dieser knappen Form einen so eindrucks­vollen Überblick über die ganze Materie geben. Mit souveräner Meister­schaft wird der Stoff gestaltet, sodaß ein eindrucksvolles Bild des ottonisch-salischen Reichskirchensystems uns vor Augen tritt. Die Zu­sammenfassung der bisherigen Forschungsergebnisse ist sehr wertvoll, da immer die neueste Literatur angeführt wird. Für die Forschung besonders bedeutsam sind die Anhänge. Hier werden Spezialfragen behandelt und Abdrucke wichtiger einschlägiger Urkunden geboten. Besonders reizvoll ist die Abhandlung über die welt­lichen Titel der Kardinäle und Bischöfe, der auch die einschlägigen Texte beigegeben sind. Hier wird eine Entwicklung behandelt, die erst in unseren Tagen zum Abschluß gekommen ist. Als weltliche Titel der Kardinäle und Bischöfe kommen vor allem die Fürstentitel der Erz­bischöfe und Bischöfe in Betracht, die im Bereiche der alten deutschen Reichskirche und dann in der späteren österreichisch-ungarischen Mon­archie geführt wurden. Bischöfe, die zum geistlichen Reichsfürstenstand gehörten, waren im Besitz weltlicher Hoheitsrechte und erlangten in der Folge landesherrliche Gewalt. Im Bereiche der späteren österreichisch­ungarischen Monarchie waren dies die drei Bischöfe von Salzburg, Brixen und Trient, deren Fürstentitel auf das ottonisch-salische Reichskirchen­system zurückgeht. Den Fürstentitel erwarben auch die Inhaber der vier Salzburger Eigenbistümer Gurk, Chiemsee, Seckau und Lavant. Diese Bischöfe führten im ganzen nur gewohnheitsmäßig den Fürstentitel, sie gehörten nicht mehr dem ottonisch-salischen Reichskirchensystem an, sie waren auch niemals im Besitze weltlicher Hoheitsrechte oder landesherr­licher Gewalt. Ihre Fürstentitel beruhten lediglich auf Annahme bzw. Ver­leihung. Ihrer Entstehung nach verwandt waren den Fürstentiteln der vier Salzburger Suffragane die Fürstentitel der Inhaber der habsburgischen Landesbistümer. Die Inhaber dieser Bischofssitze haben niemals landes­herrliche Gewalt erlangt, ihr Fürstentitel beruhte auf kaiserlicher Ver­leihung. Laibach wurde der Fürstentitel durch Ferdinand I. 1533 ver­liehen, Wien durch Ferdinand II. 1631, Görz durch Josef II. 1766, Prag 30*

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