Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

CORETH, Anna: Das französische Archivwesen. Bericht über den internationalen Archivkurs in Paris 1954–1955

340 Archivberichte Es konnten in den letzten Jahren ziemlich bedeutende Geldmittel flüs­sig gemacht werden, die es erlaubten, ein Mikroarchiv von 2,979.000 Auf­nahmen auf 130 km Filmstreifen im Nationalarchiv anzulegen. Die Filme werden in eigenen Eisenkasten verwahrt, zur Auffindung der Stücke dient ein Zettelkatalog. Der dritten Sektion sind schließlich die Bibliotheken angeschlossen: die eigentliche Archivbibliothek mit 150.000 Bänden und die administra­tive Bibliothek, die sich in der Richtung der Dokumentationszentren der Départementarchive, von denen noch zu sprechen sein wird, entwickelt, d. h. im Sinne der Aufbewahrung „gedruckter Archivalien“ (archives imprimées) neben den verwaltungstechnischen Broschüren und Büchern. Zu der Abteilung gehört schließlich auch das Museum für französi­sche Geschichte, das innerhalb des Nationalarchivs, im Hauptgebäude, dem Hőtel Soubise, eingerichtet ist und von einem Archivar unter Mit­wirkung von fünf Mittelschulprofessoren geleitet wird. Es enthält sowohl Archivalien wie auch historische Gegenstände. Ferner wird der Benützer- saal und die Stelle zur Erteilung von Auskünften der Sektion zuge­zählt. An diese Stelle gelangen alle Anfragen und werden an die betref­fenden Abteilungen weitergegeben, bzw. es werden von dort aus alle bei den Abteilungen eingeholten Auskünfte an die Anfragesteller geleitet. Anschließend an den Benützersaal wurde vor kurzem ein Informations­zentrum für historische Forschung eingerichtet, bei welchem die Themen der Arbeiten der Archivbenützer festgehalten werden, um Parallel­arbeiten zu vermeiden. Durch all diese Unternehmungen will man das Nationalarchiv tat­sächlich zu einer „Stadt der Geschichte im Herzen von Paris“ ausge­stalten. d) Die Départementarchive. Auch diese sind in ihrer heutigen Gestalt eine Schöpfung der Revo­lution. Laut Gesetz vom 5. Oktober 1796 (5 brumaire an 5) wurden die Archive der aufgelösten Distrikte in die Depots der Départements auf­geteilt und diesen auch die Herrschaftsarchive einverleibt. Zunächst allerdings sehr vernachlässigt, ließ man den Archiven erst in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts mehr Sorgfalt angedeihen und seit 1833 setzte sich die Gewohnheit durch, sie in die Hand von Absolventen der Ecole des Chartes zu geben. 1841 wurden die oben erwähnten allge­meinen Ordnungsgrundsätze herausgegeben und zur Zeit Napoleons III., die für die Archive förderlich war, begann man schon mit den bekannten Inventarpublikationen. Heute bedeuten die Départementarchive den weitaus bedeutendsten Apparat, der von der Direktion der Archives de France abhängt (seit 1879). Indirekt unterstehen die Archivare der Provinzen dem Ministerium für nationale Erziehung und haben jetzt, seit ihrer Verstaatlichung 1921, dem Präfekten des Départements gegenüber viel freie Hand. Jedes der 89 Départements des französischen Mutterlandes besitzt ein Archiv, außerdem die drei algerischen Départements: Algier, Oran und Constan­tine, schließlich die vier Überseedépartements Guyana, Guadeloupe, Mar-

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