Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

MIKOLETZKY, Hanns Leo: Das Staatsarchiv in Wiesbaden

Deutschland 333 Magazinsystem eingerichtet. Die Depots sind mit Holzstellagen ausge­stattet, deren einzelne Fächer je 38 cm voneinander entfernt sind, doch wurde bereits ein Geschoß mit Eisenstellagen versehen und eben wird ein zweites auf dieselbe Art eingerichtet. Die Materialien sind nach dem Provenienzprinzip (teilweise auch noch — so die nassauischen Kanzlei­archive — systematisch) aufgestellt, wobei es auffällt, daß sie offen und unfaszikuliert wie in einer Registratur liegen und nur mit Num­mern versehen sind, die mit den vorhandenen handschriftlichen „Find- büchem“ korrespondieren. Das Archiv spiegelt in seinen Beständen „die Reichsverbundenheit und Territorialzersplitterung des Gebietes wider“, denn es finden sich in ihm zunächst mit dem alten Reich in engster Ver­bindung stehende Aktengruppen: so die Nassau betreffenden des Reichs­kammergerichts, der mittelrheinischen Ritterschaft etc., ferner Akten von geistlichen Institutionen (der Chorherrenstifte Dietkirchen, Gemün- den, Wetzlar, Limburg, Weilburg, die zum Teil bis ins 10. Jahrhundert zurückreichen, der Klöster Bleidenstadt, Eberbach im Rheingau, Marien­statt im Westerwald, Amstein an der Lahn und die hierher gehörigen der Kurstaaten Mainz und Trier), dann die 1159 beginnenden Archive der Linien des Hauses Nassau, „die zwar... den Charakter der älteren Be­stände des Archivs nicht völlig bestimmen, aber doch ihren Kern aus­machen“, und schließlich die gewisser weltlicher Herrschaften (König­stein, Eppstein, Kronberg, Reifenberg, Wied-Runkel, Westerburg und Sayn-Hachenburg, der Niedergrafschaft Katzenelnbogen, der napoleoni- schen Großherzogtümer Berg und Frankfurt). Dazu kommt noch die Gruppe der Stadt- und Dorf archive mit bis ins 16. Jahrhundert zurück­reichenden Büchern der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Lagerbüchern über den steuerbaren Haus- und Grundbesitz, Rechnungen und Zeugnissen der behördlichen Verwaltung usw. Alles in allem zirka 30.000 Bücher und ungefähr 90.000 Urkunden (darunter die älteste für das Stift in Limburg von 910). Die Lauflänge der Akten beträgt etwa 20 km. Das Archiv, das seit 1945 den Rang eines Zentralarchivs für die obersten Landesbehörden Hessens besitzt, untersteht dem Hessischen Ministerium für Erziehung und Volksbildung und der Direktor Univ.-Prof. Dr. Georg Wilhelm Sante ist zugleich Referent in diesem Ministerium für die hessi­schen Bibliotheken und die drei hessischen Staatsarchive: für sein eigenes sowie für Darmstadt und Marburg (Prof. Sante liest übrigens [seit 1950] an der Universität Mainz auch im Rahmen des dort einge­führten und sich allmählich durchsetzenden „Studium generale“ 2) über neuere Geschichte). Das Personal besteht aus dem! Direktor und vier wissenschaftlichen Beamten, aus zwei Fachinspektoren und drei Steno­typistinnen. Die Bibliothek mit einer um den Raum laufenden Galerie ist Präsenzbibliothek, aber verhältnismäßig umfangreich. Sie enthält eine kleine Ausstellung und die Siegelabguß-Sammlung etc. Auch der Be­-) Vgl. dazu Walter Rüegg, Humanismus, Studium generale und Studia Humanitatis in Deutschland. 1954, bes. S. 39 f.

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