Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

BACHMANN, Hanns: Fortschritte der fotografischen Erfassung, technischen Bearbeitung und Auswertung des mittelalterlichen Urkundenmaterials in geistlichen Archiven durch das Tiroler Landesregierungsarchiv

Österreich 331 teres durchzuführen, wie dies bei gedruckten Urkundenbüchern nicht gemacht werden kann. Die Fotokopie bildet heute zweifellos den besten Ersatz des Originales, da es bis zu einem gewissen Grade auch die äuße­ren Merkmale der Urkunde erkennen läßt. Der Siegelabguß ist für die wissenschaftliche Auswertung im allgemeinen viel handlicher und läßt infolge seiner Färbung Siegelbild und Umschrift meist besser erkennen als auf dem Originale. Dies setzt allerdings eine überaus exakte Arbeits­weise voraus. Ein weiterer Vorteil dieser Siegelabgüsse besteht darin, daß sie einer fotografischen Wiedergabe weniger Widerstand entgegen­setzen. Die leichte Beweglichkeit dieser kleinen Einzelstücke läßt im Bedarfsfälle eine Zusammenstellung nach bestimmten Gesichtspunkten ohne weiteres zu, die sich gerade bei einer kunstgeschichtlichen Betrach­tung des Siegels als überaus vorteilhaft erweist. Bei der kurzfristigen Entlehnung von Urkunden aus irgend einem Archive, die sich höchstens auf die Dauer von vier Wochen erstreckt, ergibt sich auch die Gelegenheit, das betreffende Archiv einer genaueren Kontrolle durch einen Fachmann zu unterziehen und einen Vergleich mit den vor rund 50 Jahren angelegten Archivberichten durchzuführen und etwaige Verluste festzustellen. Gleichzeitig werden diese oft schlecht verwahrten Urkunden im Landesregierungsarchiv mit einheitlichen Pa­pierhüllen versehen, wie sie auch im Archive selbst verwendet werden, die die fortlaufenden Nummern und das aufgelöste Datum an der Außen­seite enthalten. Dadurch wird diesen oft sehr wertvollen Stücken ein größerer Schutz gegeben. Als letzter und nicht zu unterschätzender Vorteil dieser technischen Erfassung kann der Umstand angesehen werden, daß im Falle des Ver­lustes des Originales, wie es durch Brand, Nachlässigkeit, Kriegsfolgen oder anderes Vorkommen kann, der heute bestmögliche Ersatz des Ori­ginales zweifach im Negativ und der Vergrößerung erhalten bleibt, die im Falle der Gefahr an verschiedenen Orten geborgen werden können und so mehr Aussicht für ihre Erhaltung gewähren. Einen weiteren Vorteil bietet diese technische Einrichtung im Ar­chive diesem selbst. Dieser zeigt sich nicht nur in der Vermehrung seines für die Landesgeschichte wichtigen Schriftbestandes, sondern außerdem auch noch in der oft viel leichteren und schnelleren Beantwortung wis­senschaftlicher Anfragen, da eine fotografische Aufnahme einer Ur­kunde oder eines Aktes sich in viel kürzerer Zeit als eine Abschrift anfertigen läßt, die dem Benützer oft wertvoller als diese ist. Die Kosten eines Filmes sind im Verhältnis zu einer zeitraubenden Abschrift, die nur von einem geschulten Archivar angefertigt werden kann, äußerst gering. Die Filme sind leicht versendbar und bedürfen zu ihrer Herstel­lung keines akademischen Beamten. Außerdem ist es durch die Fototechnik auch möglich, größere Be­stände, wie z. B. Kopialbücher, Urkunden u. a., die sich auf Gebietsteile außerhalb des heutigen Landes Tirol beziehen, in verhältnismäßig kurzer Zeit und mit niedrigen Entstehungskosten im Bilde wiederzugeben und so anderen Archiven und dortigen Benutzern nutzbar zu machen. Solche

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