Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

HEYDENDORFF, Walther: Die Kriegsakten im Haus-, Hof- und Staatsarchiv

326 Archivberichte Erblande vervielfältigt. Ende August dürfte er wie die anderen Zentral­behörden dem Kaiser donauabwärts gefolgt sein (26./8. Fol. 121, der Kaiser aus Linz, 27./8. Fol. 122/123, die Hofkammer vom gleichen Ort, 10./9. Fol. 147, der Kaiser aus Dürnstein, 11./9. die Hofkammer desglei­chen). Der Hofkriegsrats-Präsident wurde vom Kaiser am 29. August zur Begrüßung des Polenkönigs abgesendet. Er nahm dann am 3. September am Kriegsrat zu Stetteldorf teil7). Hier trat er — und auch dies ist von Interesse für die von 0. Kegele aufgeworfene, aber nicht beantwortete Frage nach dem Anteil des Hofkriegsrates an dem Schlachterfolge — für die Umgehung des Wienerwaldes über St. Pölten ein. Es kann wohl kei­nem Zweifel unterliegen, daß nur dem schließlich angenommenen kühnen Vorschläge des Lothringers, den Stoß über Tulln und Klosterneuburg zu führen, der rechtzeitige Entsatz der hartbedrängten Festung Wien zu danken ist. An der Entsatzschlacht hat Hermann von Baden nicht als Hofkriegs­rats-Präsident, sondern als General unter dem Kommando des kaiser­lichen Feldherrn, des Generalleutnants Herzog von Lothringen, in rüh­menswerter Weise teilgenommen. Nach der Befreiung der schwer mit­genommenen Hauptstadt haben sich Kaiser und Zentralbehörden in Linz etabliert, von wo die erste kaiserliche Ausfertigung der „Kriegsakten“ mit dem 24./9. datiert ist (Fol. 155). In den folgenden Jahren 1684 bis 1689 sind vor allem die Feldzüge gegen die Türken für den Aktenbestand maßgeblich. Die Truppenbei­steilungen aus dem Reiche, die Hin- und Rückmärsche, die Winterquar­tiere, die Rekrutierung, die Übernahme von Reichskontingenten in kai­serliche Dienste — so manches Regiment der k. und k. Armee führte sein Entstehen auf diese Epoche zurück —, die Beschaffung von Geschütz, von Schießbedarf, der Verpflegung und die Transporte, die zum Teile auf der Donau bewerkstelligt wurden, sind aktenmäßig zu verfolgen. Als Frankreich im Herbst 1688 überraschend die Feindseligkeiten wieder eröffnete — es ist das Jahr der Heimsuchung der Pfalz und an­derer Gebiete am Rhein — machen sich die wachsenden Schwierigkeiten des Zweifrontenkrieges und die Anstrengungen zu ihrer Überwindung bemerkbar. Über die Tätigkeit jener Reichshofräte, die mit kaiserlichen Aufträgen im Reiche wirkten, bringen die „Kriegsakten“ zahlreiche ergänzende Aufschlüsse, weil 0. Gschliesser sein Buch über den Reichshofrat haupt­sächlich der Wirksamkeit dieser Behörde an ihrem Sitze gewidmet hat. Neben den bereits früher erwähnten Reichshofräten (Band 6 der „Mit­teilungen“) zeichnet sich Plaro Burkhard Fridag, Freiherr v. Gödens durch fleißige und aufschlußreiche Berichterstattung aus. Dieser ver­trat 1684 die Interessen der ostfriesischen Stände beim Kaiser, wurde im folgenden Jahre in kaiserliche Dienste übernommen und wirkte 1686 7) Die Besprechung der Heerführer und ihrer Generale vor Operationsbeginn oder vor der Schlacht, wie sie damals und in späteren Zeiten üblich war (O. Regele, a. a. 0., S. 37 f.), hat mit der Zentralbehörde des Hofkriegsrates wohl nur den Namen gemeinsam.

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