Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

WINTER, Otto Friedrich: Die „Obere Registratur“ des Reichshofrates 1938–1954

Österreich 317 am Rande des zugehörigen Aktenstückes wiederkehren, fortlaufend be­zeichnet; da sie jedoch nicht meritorisch einen Vermerk über Prozeß­parteien und Prozeßgegenstand tragen, ist die richtige Zuordnung oft schwierig. Die häufig den Prozessen beiliegenden Relationen der Reichs­hofräte sind gekennzeichnet durch größeres Format und eine charakte­ristische Anordnung der Schriftsätze; sie sind mit einem Umschlag, auf dem der Prozeßgegenstand vermerkt ist, versehen. Bei Vorgängen, die mehr als ein Aktenstück umfaßten, wurden die einzelnen Akten in chro­nologische Folge gebracht und meistens in dieser Lagerung fortlaufend — mit Bleistift, Tinte oder Rotstift — numeriert; leider tragen auch Einzelakten häufig die Nummer 1, sodaß namentlich bei einer Häufung von gegenständlich und zeitlich einander nahestehenden Prozessen die richtige Unterscheidung bzw. Zusammenfügung nicht leicht zu treffen war. Soweit sich also aus den losen Akten halbwegs komplette Reihen ergaben, deren Zusammengehörigkeit durch das Vorhandensein einer oder mehrerer der aufgezählten Merkmale bestätigt wurde, bot ihre Identifizierung keine unüberwindlichen technischen Schwierigkeiten. Anders lag der Fall, wenn gerade das Blatt mit den entscheidenden Kri­terien fehlte oder getrennt vom übrigen Text irgendwo in den Akten­stößen lag, da es im Geschäftsstil des Reichshofrates üblich war, inner­halb des Textes nur von „Impetranten“ und „Impetraten“ „in außen rubricierter Sach“ zu sprechen. Hier konnte die richtige Einordnung nur mit Hilfe der durch die lange Beschäftigung mit der Materie gewonnene Kenntnis der vielen Tausende von Prozessen gefunden werden; Hilfs­mittel boten noch der Vergleich mit dem ganzen Bestand, da naturgemäß völlig intakte Faszikel für eine Einordnung nicht in Frage kamen, und — in ganz verzweifelten Fällen — die erst durch die Zerstörung selbst entstandenen äußeren Merkmale, wie das Übereinstim|men der Rän­der von Feuchtigkeitsflecken oder Schimmelkulturen, von Rissen, Lö­chern u. ä. Solche Fälle wurden, wenn irgendwie möglich, an Hand des grammatikalischen Zusammenhanges auf einem Blatt begonnener und auf einem anderen fortgesetzter Sätze und der häufig zu findenden Re­klamanten überprüft. Die Foliierung spielte bei der Feststellung der Zusammengehörigkeit nur bei den wenigen schon früher entlehnt ge­wesenen oder benützten Prozessen eine Rolle. Noch schwieriger war häu­fig die Einordnung der manchen Prozessen, hauptsächlich Appellations­sachen, beiliegenden „acta primae instantiae“ und der „acta commissio- nalia“, die der Natur der Sache entsprechend keinen einheitlichen Akten­typus aufweisen. Es ist jedoch trotzdem gelungen, auch dieser Probleme durch scharfsinniges Kombinieren der in Betracht kommenden Merkmale und unermüdliches Vergleichen Herr zu werden. Die Zahl der einzelnen, aus dem Zusammenhang gerissenen Aktenstücke, die bisher jeder Be­mühung um ihre Einteilung trotzte, beträgt nicht einmal 100 31). Im Zuge der Aufarbeitung der Akten konnten wiederholt nicht der „Oberen Registratur“ zuzurechnende Stücke gefunden werden. Es han­3i) Über die aus den Mängeln der früheren Behandlung des Bestandes sich ergebenden Erschwerungen der Ordnungsarbeit vgl. Anm. 8 u. 9.

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