Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

KRAUS, Wilhelm: 10 Jahre Österreichisches Staatsarchiv 1945–1955

300 Archivberichte ten, zum Teil beseitigten; ob damit auch für die Zukunft schon vorgesorgt ist, bleibt allerdings zumindest für das oder jenes Archiv noch eine offene Frage, die auch mit mehreren Entwicklungsfaktoren, unter denen der Ge­danke eines gemeinsamen zentralen Heimes für alle jetzt räumlich getrenn­ten Archive und das Problem der Verwendung des Mikrofilms besonders aktuell sind, in enger Verbindung steht. — Der Zuwachs an Beständen verschiedener Art durch Schenkung, Kauf, Deponierung, Nachlaßerwerbung ist, insbesonders im HHStA. und im KA., sehr beachtlich, sichert dieses, ansonst im Privatbesitz zumeist der Zersplitterung, wenn nicht unver­ständiger Vernichtung ausgesetzte Schriftgut und führt der Forschung mehr oder minder wertvolle Quellen zu. Die Pflege dieses Sektors der Archivtätigkeit gibt auch der künftigen Tätigkeit ein Feld fruchtbarer Möglichkeiten. — Die durch den Krieg, durch Todesfälle, Pensionierungen, die Entnazifizierung und 50% ige Beschränkung des Personalstandes in den ersten Jahren des Berichtsjahrzehnts entstandene bedrängte Lage im P e r- sonalstand des ÖStA. mit all ihren Auswirkungen wurde im weiteren Verlauf der Jahre durch Übernahme und Neueinstellungen in systematischer Aufbauarbeit überwunden; der Stand kann jetzt als ziemlich stabilisiert gelten, wenn auch für die Zukunft noch manches zu wünschen übrig bleibt, da der Aufgabenbereich der Archive, insbesonders bezüglich der Ordnungs­arbeiten der devastierten Archivkörper mehr Personal erfordern würde als vorhanden ist. — Die Tätigkeit der Archive hat den Umfang der Zeit vor 1938 zum Teil nicht nur wieder erreicht, sondern zum Teil auch überschritten, wovon nicht nur die Zahlen der Geschäftstagebücher, sondern auch die jeweils angegebenen Fortschritte in den einzelnen Punkten des vorhergehenden 5. Abschnittes Zeugnis ablegen, insbesonders was die Benützung der Archive, ihre Ausstellungs- und auch die Vortrags­tätigkeit einzelner Beamten betrifft, wodurch sich das ÖStA. stärker als in früheren Zeiten in das kulturelle Gegenwartsleben eingeschaltet hat; auch haben einzelne Archive neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit in­folge der Sozialgesetzgebung ein behördliches Tätigkeitsfeld erhalten, das ihnen vor 1938 (1918) unbekannt war, zusätzliche Arbeit brachte, sie in den Strom des Gegenwartslebens einbezog und die Öffentlichkeit mit dem Begriff „Archiv“ vertrauter machte als früher. Auf dem Gebiet der Ge­meinschaftsarbeit ist manches geleistet worden und eine planvoll gestal­tende Führung kann hier für das ÖStA. in Quellenedition und Darstellung jene Wege verfolgen und Ziele abstecken und erreichen, die das HHStA. vor 1938 und das KA. vor und nach 1914 auf jene bedeutende Höhe der Gemeinschaftsarbeit gestellt haben, die internationale Geltung erlangte. Ansätze dazu sind mit dem S. 286 zitierten Werk, der Veröffentlichung zweier Archivinventare und der Planung weiterer gegeben und die intensive Detailarbeit in allen Archiven an den Beständen und ihrer Erschließung durch eingehende Archivbehelfe läßt, verbunden mit den wissenschaftlichen Einzelarbeiten, noch vieles für die Zukunft erhoffen.

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