Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

KRAUS, Wilhelm: 10 Jahre Österreichisches Staatsarchiv 1945–1955

Österreich 249 wir heute zurückblicken, müssen wir uns sagen, daß diese Arbeit (i. e. die Verlagerung) fast überflüssig gewesen ist und sich geradezu schädlich ausgewirkt hat. Mit Ausnahme der Abteilung Staatsarchiv des Innern und der Justiz, dem heutigen AVA.... hat das Reichsarchiv Wien außer Fen­ster- und Dachschäden keinen Schaden erlitten.“ Das gleiche gilt für das KA. und das VA. Das Reichsarchiv Wien hatte von Herbst 1942 bis November 1944 mit LKW. und Eisenbahn rund 250 Möbelwagen mit Archivalien an 50 Ber­gungsstellen außerhalb Wiens und 50 Möbelwagen in Wiener Kellern ge­borgen. Das VA. hatte 90% seiner Bestände in 4 Ausweichstellen (2 in Klosterneuburg, Greifenstein und Schloß Krumbach). Das KA.18) hatte 1944 „in Wien, Göttweig, Retz, Mittelberg bei Krems, Dürnstein, Klamm-Schottwien, Eisgrub (Ledenice), Feldsberg (Valtice) und Znaim (Znojmo), in Summe über 958 t verlagert“, den im Gebäude bleibenden Rest „nach der Bedeutung der Aktenbestände“ umgruppiert. „Um den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten, wurde das für die laufenden Amtsgeschäfte wichtige oder sonst wertvolle Material in die Keller und in das Tiefgeschoß verlegt.“ Diese Aktenmassen „zurückzubringen war im Frühsommer 1945 ein unlösbares Problem. Da kam dem Archiv und den Museen, die sich ja in der gleichen Lage befanden, dank der Initiative der Kunstabteilung des BMin. für Unterricht und der des Staatsdenkmalamtes die Rote Armee zu Hilfe, die vom 21. August bis 23. Okt. 1945 fast täglich eine größere Anzahl von Lastkraftwagen zur Rückbringung der verlagerten Kulturgüter zur Verfügung stellte, mit deren Hilfe an 25 Tagen in 65 Lastkraftwagen rund 130 Tonnen Archivalien nach Wien zurückgebracht wurden. Mit Hilfe amerikanischer Truppen wurde ein Teil der im Salzkammergut geborgenen Bestände heimgebracht. Schließlich gelang es, auch den Lastkraftwagen­park der Gemeinde Wien und private Transportunternehmungen einzu­setzen, wobei eine größere Spende an Treibstoff durch die englischen Truppen zustatten kam. Dankbar muß an dieser Stelle der unermüdlichen Arbeit und der selbstlosen Mühe der Beamten und Angestellten aller Ar­chive und der vom Kulturamte der Stadt Wien zur Verfügung gestellten Bergungsgruppen gedacht werden, die den Großteil der in Wiener Kellern verlagerten Bestände ohne fremde Hilfe auf Handwagen zurückbrachten“16 17). (1) Für das H H S t A. waren die Rückführungen 1948 im wesentlichen abgeschlossen. Durch Kriegseinwirkungen — direkt durch Bomben- und Artillerietreffer, indirekt durch Plünderungen, Einquartierungen usw. — gingen in den Verlagerungsorten folgende Bestände verloren: 1. Die Akten des österr. Staatsrates von 1761—1833, ca. 1500 Fasz. — 2. Akten der oberen Registratur des Reichshofrates, Prozeßakten des 17. 16) Inventar des KA., Wien, I. Bd., S. 42 u. 13. 17) J. Seidl: a. a. O., S. 11 f.

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