Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)
BLAAS, Richard: Die Gedächtniskapelle in Queretaro und die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und Mexiko
204 Richard Blaas schlug als Ausweg vor, daß er vom Kaiser nur die Erlaubnis zur Teilnahme an den Einweihungsfeierlichkeiten erhalte und somit zwar mit Wissen und Billigung des Kaisers, aber doch ohne direkten Befehl an der Feier teilnehmen könnte. In dem Vortrag, den Graf Goluchowski entsprechend den Anregungen Khevenhüllers am 30. November 1900 erstattete50) und dem er das Schreiben Kaska’s an Khevenhüller vom 30. Oktober beifügte, ist er zwar nicht in der Lage „einer offiziellen Vertretung bei der Einweihung allerunterthänigst das Wort zu reden“, weil das von Präsident Diaz erwartete Schreiben an den Kaiser nicht eingetroffen ist, tritt aber dafür ein, daß Khevenhüller „zwar mit Vorwissen Euer Majestät, aber ohne besonderen Allerhöchsten Befehl“ den Feierlichkeiten beiwohne, „was den Charakter seines Erscheinens genau umschreiben würde. Dieser Ausweg schiene geeignet, dem immerhin anerkennenswerten Bestreben des Präsidenten Diaz nach einer Annäherung Rechnung zu tragen, ohne der Würde Österreich-Ungarns den geringsten Abbruch zu thun.“ Der Antrag wurde vom Kaiser genehmigt. Die weiteren Maßnahmen Goluchowskis zeigen, daß man damit rechnete, anläßlich der nunmehr beschlossenen Reise des Fürsten Khevenhüller nach Mexiko in entscheidende Verhandlungen über die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Mexiko einzutreten. Anfang Januar 1901 berief Graf Goluchowski den Legationssekretär bei der k. u. k. Botschaft in Paris, Prinzen Karl Emil Fürstenberg nach Wien, bestimmte ihn zum Reisebegleiter des Fürsten Khevenhüller, seines Oheims, und erteilte ihm die nötigen Instruktionen für den Fall der zu erwartenden Verhandlungen51). Fast gleichzeitig ergingen Weisungen nach Berlin und Madrid52). In der Weisung nach Berlin wird um Instruierung des k. deutschen Gesandten in Mexiko über Zweck und Charakter der Reise des Fürsten Khevenhüller ersucht, in jener nach Madrid wird Graf Dubsky angewiesen, sich für eventuelle Verhandlungen mit dem mexikanischen Gesandten in Madrid bereit zu halten53). Mitte Februar reiste die halb50) Ebenda, Vortrag, Budapest, 30. Nov. 1900, betreffend Ertheilung der a.g. Erlaubnis an Fürsten Khevenhüller zur Theilnahme an der Einweihung der Sühnekapelle zu Queretaro. 51) Administrative Registratur, F 4, Fasz. 66, Personalakt Fürstenberg. 52) Pol. Arch. XXXIV/9, Liasse Mexiko I, a. a. O. Weisung nach Berlin vom 29. I. 1901 und nach Madrid vom 28. I. 1901. 53) „Durch die oben erwähnte vom Fürsten Khevenhüller an Porfirio Diaz bereits ergangene Mittheilung ist nun allerdings der Reise des Ersteren von vornherein der Charakter einer offiziellen Mission benommen, demungeachtet dürfte der Präsident den ihm eng befreundeten Fürsten gegenüber die Frage einer Wiederanknüpfung diplomatischer Beziehungen zu der k. u. k. Monarchie wohl zur Sprache bringen. Für diesen Fall ist Fürst Khevenhüller von mir in- struirt, General Diaz aus praktischen Gründen vorzuschlagen, einen diplomatischen Vertreter Mexikos in Europa Vollmacht zu ertheilen, mit dem in demselben Staate beglaubigten Vertreter Österreich-Ungarns diesbezüglich einleitende Verhandlungen zu pflegen, und wird der Fürst hiebei in erster Linie auf den mexikanischen Vertreter in Madrid aufmerksam machen.“