Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

BLAAS, Richard: Die Gedächtniskapelle in Queretaro und die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und Mexiko

Die Gedächtniskapelle in Queretaro 203 in Wien dieses Ansinnen zwar nicht ablehne, aber erwarte, daß sich der Präsident wegen einer offiziellen Entsendung einer österreichischen Dele­gation in einem vertraulichen Schreiben direkt an den Kaiser wende. Damit war aber im Grunde nur die alte Forderung erneuert, daß Mexiko den ersten Schritt zur Versöhnung tun müsse. An dieser Forderung aber droh­ten alle Bemühungen um die Wiederherstellung normaler Beziehungen zwischen den beiden Ländern trotz des Kapellenbaues zu scheitern. General Diaz glaubte, diesen Brief wegen der innerpolitischen Verhältnisse 46) nicht schreiben zu können und meinte schließlich in seiner Antwort an Kheven- hüller resigniert: „Lassen wir daher die Dinge, wie sie jetzt sind, und die Zeit wird es auf sich nehmen, sie zu ordnen“ 47). In dieser verfahrenen Situation unternahm Dr. Kaska einen letzten Versuch, die Verhandlungen vor einer weiteren Verschleppung zu bewahren und appellierte in seinem Schreiben vom 30. Oktober 1900, in dem er die Vollendung des Kapellen­baues mitteilte, an die Vermittlerrolle des Fürsten Khevenhüller und stellte ihm vor, daß Mexiko alle Bedingungen erfüllt habe, „jetzt ist es also an Ihnen, Durchlaucht, die Angelegenheit, welche ernst ist, glücklich zu Ende zu führen“. In Mexiko rechnete man offensichtlich schon seit Beginn des Kapellenbaues mit der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehun­gen zwischen den beiden Staaten, mehrere mexikanische Gesandte in Europa hatten sich bereits Instruktionen erbeten hinsichtlich eventueller Verhand­lungen mit österreichischen Vertretern. Sie wurden aber dahingehend in­formiert, daß bereits in Wien durch eine hochgestellte Persönlichkeit ver­handelt würde 48). Im Grunde genommen konnte man ja auch in Wien nicht mehr gut von der ganzen Sache zurücktreten, nachdem der Kaiser doch bereits ein Altargemälde für die Kapelle gespendet hatte und der Kapellenbau dadurch bereits offiziell zur Kenntnis genommen worden war. Es ging eigentlich nur mehr darum, die Form zu finden, unter der die Angelegenheit weitergeführt werden konnte. Fürst Khevenhüller setzte sich diesbezüglich mit Grafen Goluchowski persönlich in Verbindung49) und 46) Ebenda, Kaska an Khevenhüller, 30. Okt. 1900: „Später sprach ich mit dem Präsidenten selbst, der mir wohl auf das Liebenswürdigste entgegenkam, aber erklärte, politische Verhältnisse erlauben es nicht, Ihren Wunsch zu er­füllen, da er mit einflußreichen Personen rechnen müsse, welche es ihm sehr verübeln würden, wenn er an Seine Majestät schreiben würde, bevor irgendwelche Beziehungen zwischen beiden Staaten vorhanden wären.“ 47) Diaz an Khevenhüller, 15. Okt. 1900, s. oben Anm. 45. 48) Ebenda, Kaska an Khevenhüller, 30. Okt. 1900. 49) Ebenda, Khevenhüller an Goluchowski, Wien, am 5. 11. 1900: „Verehr­tester Freund. Es kam Porfirios Antwort, ich dachte und fürchtete, daß er den Brief an S. M. nicht schreiben könne, aber da er selber erklärte, daß der Be­treffende mit allen republikanischen* Ehren empfangen wird, daß alle Behörden ihm zu Diensten stünden, daß er selber mir direkt geschrieben, auch die Ein­weihung und den Bau zuließ, so zeigt das Alles, daß es P. D. ernst um eine künftige Anbahnung günstiger Verhältnisse zu thun ist. . .“

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