Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

ALLMAYER-BECK, Johann Christoph: Die älteste Handschrift des Wiener Kriegsarchivs: eine Kreuzauffindungslegende

8 Joh. Christoph Allmayer-Beck herr von Seckendorff das Stück an sich und legte es seinen Auf­zeichnungen über den Feldzug bei. Nach dem ersten Weltkrieg 1914/18 gelangte das Büchlein mit dem gesamten Schriftennachlaß Seckendorffs in den Handel und wurde 1952 zusammen mit den Seckendorf f’schen Akten vom Kriegsarchiv erworben, wo der Einband des französischen Befehlsbuches Aufmerksam­keit erregte. Nach Ablösung und Reinigung desselben durch Dr. Richard B 1 a a s vom Haus-, Hof- und Staatsarchiv ergab sich folgender Befund: Es han­delt sich um ein Pergamentblatt in den Ausmaßen 39,5 zu 23 cm, das beiderseits in zwei Kolumnen mit einer Buchminuskel beschrieben ist. Jede Kolumne umfaßt 40 Zeilen, die mit dem Griffel in Abständen von 8—9 mm vorgezogen sind. Außerdem sind die seitlichen Begrenzungen der Kolum­nen durch eingeritzte vertikale Linien festgelegt. Der vertikale Abstand zwischen den 9,5 cm breiten Kolumnen beträgt 2,2 cm. Die Vorderseite des Pergaments, die gleichzeitig die Außenseite des Bucheinbandes war, trägt in der Mitte oben von einer Hand des 16. (?) Jahrhunderts die Foliierung „135“ und ist ziemlich verschmutzt und abgewetzt. Spuren von Siegellack und Reste einer neuzeitlichen französischen Handschrift sind wahrnehmbar. Das Stück ist an sämtlichen Ecken und an beiden Längsseiten beschnitten und zwar so, daß auf der Vorderseite die Zeilen­anfänge der linken Kolumne, auf der Rückseite die Zeilenschlüsse der rechten Kolumne fehlen. Außerdem sind an der oberen Schmalseite Ein­schnitte vorgenommen worden. Zur Datierung der Schrift wäre anzuführen, daß die senkrecht stehen­den Schäfte des „a“, die sich gabelnden Oberlängen von „b“ und „1“, die auf den Zeilen stehenden Unterlängen von „f“ und „s“, besonders aber die charakteristischen i-Striche bei „ii“ zusammen mit dem fast ganz geschlossenen „g“ auf das 12. Jahrhundert verweisen. Beim Buchstaben „d“ kommt neben der Minuskel häufig auch die unziale Form vor. Der Text ist in einzelne Lektionen eingeteilt, deren Anfänge jeweils vom Schreiber durch Illuminierung der Anfangsbuchstaben mit Minium hervorgehoben wurde, außerdem ist die Lektion am Rande des Textes in roter Schrift vermerkt. Die übrige Schrift erscheint dunkelbraun. Inhaltlich bietet das fortlaufend beschriebene Blatt, wie schon erwähnt, das Fragment einer lateinischen Kreuzauffindungslegende in der Version der sogenannten Cyriacuslegende, das dem von J. Straubinger1) rekonstruiertem Text nahesteht. Das Bruchstück reicht unter Zugrunde­legung des Textes von Straubinger von Zeile 25 auf Seite 35 bis Zeile 19 auf Seite 48 a. a. O. und hat folgenden Wortlaut: i) J. Straubinger, Die Kreuzauffindungslegende, in: Forschungen zur Christlichen Literatur- und Dogmengeschichte, hrsg. von Erhard und Kirsch, 11. Band, Paderborn 1912.

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