Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
WASSILKO, Theophila: Die Internationale Musik- und Theaterausstellung Wien 1892 und das Obersthofmeisteramt
Die Internationale Musik- und Theaterausstellung Wien 1892 469 Gebotenen vermittelt der mehrbändige Katalog, von dem später noch zu sprechen sein wird. Am 7. Mai 1892 fand die feierliche Eröffnung der Ausstellung statt, Es war eine glänzende internationale Versammlung, die den Kaiser erwartete. Die Spitzen aller Behörden und Gesellschaftskreise, Künstler und Gelehrte des In- und Auslandes, die Chefs der fremden Missionen waren erschienen, um diesem Ereignis beizuwohnen. Nach einer Ansprache Palla- vicinis erklärte der Kaiser mit dem Wunsch, daß das „mit mühevollem Eifer und in anerkennenswerter Ausdauer angestrebte Ziel“ der Ausstellung erreicht werde, die Ausstellung für eröffnet. Gefolgt von den Erzherzogen durchschritt der Kaiser in einem zweieinhalb Stunden währenden Kundgang die einzelnen Abteilungen der Ausstellung, in denen die Leiter der Fachgruppen die Führung übernahmen. Aber Europa zeigt in Wien nicht nur seine reiche Vergangenheit. Theater- und Musikaufführungen beweisen, daß seine schöpferischen Kräfte noch nicht versiegt sind. Zunächst mußten auch hier wieder Schwierigkeiten überwunden werden. Wien besaß nur ein einziges Orchester, die Wiener Philharmoniker. Diese spielten jeden Abend in der Hofoper. Die Gründung eines Ausstellungsorchesters war daher ein Gebot der Notwendigkeit. Man berief für die Leitung dieses Orchesters Hermann Graedener, der nach dem Tode Bruckners Lektor für Musiktheorie an der Wiener Universität wurde. Das Festkonzert am Eröffnungstage brachte mit Hans Richter am Dirigentenpult und unter Mitwirkung der Philharmoniker die „Neunte“ von Beethoven. Als Eröffnungs-Ouvertüre war ihr die Ouvertüre zur „Zauberflöte“ vorangegangen. Allerdings mußte hiefür wie auch für die Überlassung der Musikinstrumente die Bewilligung der Hofoperndirektion eingeholt werden, die auch im kurzen Wege von der Generalintendanz erteilt wurde42). Es wurde auch gestattet, daß Charlotte Wolter als „Vindobona“ in der ersten Vorstellung des Ausstellungstheaters erscheine, wie daß Opernsänger van Dyck43) eine Einlage singe44). „Ausnahmsweise“ wurde auch die Bewilligung erteilt, daß der Schauspieler Ferdinand Bonn während der Ferienmonate „mit Hinweglassung seines Charakters als Mitglied des Hofburgtheaters“ spiele45). Das Programm der Ausstellungskonzerte war reichhaltig: Historische Konzerte, Choräle und mittelalterliche Mehrstimmigkeit, Meisterwerke der Klassiker und Romantiker unter der Leitung berühmter Dirigenten, Novitäten der zeitgenössischen Komponisten. „Man bekommt erst in der Aus«) GJ. ZI. 632—1892. 43) 1898—1909 an der Wiener Hofoper, später Direktor des Brüsseler Konservatoriums. 44) Pallavicini und Pauline Metternich hatten sich diesbezüglich schriftlich an Bezeczny gewendet. GJ. ZI. 615/1892. 45) GJ. ZI. 491—1892 vom 4. April 1892.