Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

STRASSMAYR, Eduard: Das Archiv der Stadt Enns

440 Eduard Straßmayr hagen Umschlagplatz für die donauabwärts bis Wien und Hainburg von den Ennsern gesteuerten Salzschiffe. Die Stadtmaut und die Maut an der 1501 erbauten Donaubrücke bei Mauthausen erzielten auch gute Erträge. Deutsche Hochschulen stellten in der Reformationszeit Prediger und Schulmeister für den Kirchendienst und die städtische Lateinschule. Von 1566 bis 1574 unterhielten die lutherischen Landstände für die Heranbil­dung des jungen Adels in dem von katholischen Ordensleuten entblößten Miinoritenkloster eine Landschaftsschule, die 1574 in das neuerbaute Linzer Landhaus übertragen wurde. Als Zeichen selbstbewußten Bürgerstolzes erstanden der imposante Stadtturm (1564/68) und das im Renaissancestil neugestaltete Rathaus (1547). Dem Stadtbild verlieh der Aufbau des Schlosses Ennsegg (nach 1566) ein wirkungsvolles Gepräge5). Tage rauschender Festlichkeiten erlebte Enns, wenn römisch-deutsche Kaiser auf ihrer Durchreise zu den Krönungsfeierlichkeiten in Frankfurt am Main, zu den Regensburger Reichstagen und zu den Erbhuldigungen in Linz von dem landständischen Aufgebot und der Bürgerschaft an der Landesgrenze empfangen wurden. Und doch hatte Enns als Grenzfeste und Sammelplatz für die Landesverteidigung unter der Last der Kriegsvölker auch Schweres zu erleiden. Die Scharen des Matthias Corvinus standen vor den Toren der Stadt, die beständig drohende Türkengefahr erheischte den Ausbau der Ennslinie und die Ansammlung starker Truppen. Während der Belagerung der Stadt durch die aufrührerischen Bauern im Jahre 1626 ging mehr als ein Drittel der Häuser in Flammen auf und in den Franzosen­kriegen litt Enns unter dem Durchzug und der Einquartierung Napoleoni- scher Heere. Immer mehr verfielen Handel und Gewerbe. Die mannigfachen Wandlungen im politischen und wirtschaftlichen Leben der Stadt, die Zeiten der Blüte und des Niederganges spiegelten sich in einem bis in das 13. Jahrhundert zurückreichenden Archiv wider. Mit Sorg­falt wurden die landesfürstlichen Privilegien vom Stadtrecht 1212 ange­fangen und die Rechtsurkunden der Stadt gehütet. Ein gut ausgebautes Kanzleiwesen, das sich in einem um die Wende des 14. zum 15. Jahrhundert verfaßten Verzeichnisse des steuerpflichtigen Immobiliarbesitzes der Be­wohnerschaft 6) und in der Anfertigung eines Kopialbuches (mit den Frei­heitsbriefen der Stadt) durch den Ratsbürger Hans vom Munspach im Jahre 1397 zeigt7), fand seit dem 15. Jahrhundert in einem reichhaltigen Akten- und Handschriften-Material seinen schriftlichen Niederschlag. Da das Ennser Stadtarchiv den größten Teil seiner Schriftdenkmale einbüßte und alte Inventare nicht erhalten sind, läßt sich dessen zeitlicher Umfang 5) E. Straßmayr, Lauriacum - Enns. Eine alte Kulturstätte. Linz o. J. (1952), S. 16 f. «) L. Groß. Beiträge zur städtischen Vermögensstatistik des 14. und 15. Jahr­hunderts in Österreich (Innsbruck 1913), S. 3 ff. 7) I. Zibermayr, Das oberösterreichische Landesarchiv in Linz, 3. vermehrte Auflage (Linz 1950), S. 30.

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