Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

STRASSMAYR, Eduard: Das Archiv der Stadt Enns

Das Archiv der Stadt Enns 439 und der seit dem 11./12. Jahrhundert auf der Hochterrasse aufblühende Handelsplatz Enns an. Nunmehr bricht für die junge Stadt eine Glanzzeit an. Die steirischen Otakare lassen der Siedlung kräftige Förderung angedeihen. Der im Jahre 1191 erflossenen Marktordnung ist zu entnehmen, daß Kaufleute aus Re­gensburg, Ulm, Köln und Aachen, aus Holland und sogar aus Rußland in Enns Zusammentreffen, das in das Fernhandelsnetz einbezogen ist, seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auch als Münzstätte gilt und im Rein­tal, am Fuße des St. Georgen-Berges, einen Hafen für die von der Donau in die Enns einfahrenden Schiffe besitzt1). Der Georgen-Berg ist im Jahre 1186 Zeuge des bedeutsamen Staatsaktes, der nach dem Aussterben der Otakare die Vereinigung der Steiermark mit dem Herzogtum Öster­reich festsetzt. Unter der Gunst österreichischer Landesfürsten wuchs Enns zu Macht und Reichtum empor. Im Ennser Freiheitsbrief von 1212, den das Stadt­archiv als Kleinod hütet, trat die Stellung der Bürgerschaft als eigener Rechts- und Verwaltungsgemeinde hervor. Über der Stadt breitete sich ein Schimmer alter Herrlichkeit aus, wie sie das alte Lauriacum aus­strahlte. Sie genoß unter den sieben landesfürstlichen Städten besonderes Ansehen und war im 13. Jahrhundert Sitz des Landrichters und des Land­schreibers. In ihrer Verwahrung befanden sich die gemeinsamen Privile­gien der im oberösterreichischen Städtebund vereinigten landesfürstlichen Bürgergemeinden, die sie zu den Tagungen einberief2). In dieser Stadt fanden während des 15. Jahrhunderts wiederholt Beratungen des Städte­bundes statt. Im Jahre 1501 war die Stadt sogar für kurze Zeit Amtssitz der von Kaiser Maximilian I. neu errichteten Regierung der fünf niederösterreichi­schen Länder und 1523 unterbreiteten die verordneten Räte und Kommis­säre der Reformation in Österreich ob der Enns dem Hofkanzler und Hof rat der niederösterreichischen Lande den Vorschlag, die Landeshaupt­mannschaft von Linz nach Enns zu verlegen und dort auch die Landtage abhaltein zu lassen3). Ein weitausgreifender Plan, der allerdings nicht verwirklicht wurde. Großen wirtschaftlichen Gewinn zog die Stadt aus der Salz- und Eisen­verfrachtung, die den in der St.-Anna-Zeche zusammengeschlossenen Ennser Schiffleuten oblag4). Bis ins 19. Jahrhundert war der nahe Hafen Eng­1) A. Hoffmann, Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich von der Frühzeit bis zum Jahre 1848 (Salzburg—Linz 1952), S. 44 und 66. 2) A. Hoffmann, Der oberösterreichische Städtebund im Mittelalter. Jahrbuch des oberösterreichischen Musealvereines Bd. 93 (Linz 1948), S. 115 und 117. 3) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Hofkammerarchiv, Niederösterreichi- sche Herrschaftsakten Sign. E 41/C fol. 833. 4) Das bis in den Anfang des 14. Jahrhunderts zurückreichende Archiv der Schiffleute befindet sich seit 1952 im Stadtarchiv Enns.

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