Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

REGELE, Oskar: Die Schuld des Grafen Reinhard Wilhelm von Neipperg am Belgrader Frieden 1739 und an der Niederlage bei Mollwitz 1741

376 Oskar Regele wären 5). Am 24. Juli schrieb der Kaiser an Wallis8): „ ... wann nach aller sich angetanen Gewalt der Feldzug fruchtlos ablaufen sollte, so müß­ten die nachteiligsten Folgen daraus entspringen“ und es sei deshalb zu operieren. Die Initiative lag jedoch schon beim Feind, der am 26. Juli vor Belgrad erschien und seinerseits Friedensfühler ausstreckte. In Wien tagte am 31. 7. ein Kronrat, der die Führung Wallis’ bei Grozka am 20. 7. heftig tadelte und mit der Betrauung N eippergs mit den Friedensverhandlungen einverstanden war. In der Beurteilung der Lage Belgrads brach sich die Meinung Bahn, daß es „weniger nachteilig sein würde, den Frieden mit des Orts Aufopferung zu erkaufen, als einen so fatalen Krieg noch länger fortzusetzen . .. Weder ein guter noch dauer­hafter Frieden sei derzeit anzuhoffen, noch an die Grenzen des Passaro- witzer Traktates zu gedenken, könne also allein nur einen leidentlichen, obschon nicht sonders reputierlichen Frieden zu tun sein ...“ 7). So sehr man sich auch noch an die Behauptung Belgrads klammerte und diese immer wieder — auch noch am 21. August — forderte, hatte man doch im Stillen den Verlust der Stadt bereits in Rechnung ge­stellt, der Kaiser selbst an Wallis am 18. 8. geschrieben: „In pessimum casum müßte mit der Räumung Belgrads der Frieden eo ipso geschlossen sein“ 8) und General Samuel Freiherr von Schmettau berichtet, es sei ihm gelegentlich seiner Entsendung nach Belgrad am 16. 8. vom Kriegs­präsidenten gesagt worden, daß, insoferne die Stadt Belgrad vor seiner Hinkunft bereits an den Feind übergegangen wäre, er sich in solchem Falle nach Peterwardein zu begeben und diese Festung auf das Äußerste zu ver­teidigen hätte“ 9). In dem vom Kaiser an Neipperg gerichteten letzten Handschreiben — das den Adressaten nicht mehr erreichte — blieb die Ermächtigung zur Übergabe Belgrads im äußersten Falle aufrecht. Wiewohl Wallis am 2. 8. an den Minister Graf H a r t i g nach Wien geschrieben hatte, er hielte die Armee nicht für kampffähig und eine Ab­tretung Belgrads für angezeigt, ließ er das türkische Hauptquartier am 12. 8. wissen, er sei wohl zu Verhandlungen bevollmächtigt, doch ohne die verlangte Preisgabe der Festung10). Der Großvezier forderte aber am 13. 8. die Übergabe Belgrads, erst nachher wäre er zu Verhandlungen bereit, worauf der österreichische Marschall bekannt gab, daß eine Übergabe 9) Moriz von Angeli: „Der Krieg mit der Pforte 1736—1739“, in „Mittei­lungen des k. k. Krfegsarchivs“, Wien 1881. °) Browne Joh. Georg Graf, Feldzeugmeister: „Türkenkrieg, welcher im Jahre 1737 angefangen und im Jahre 1739 mit dem Belgrader Frieden geendigt hat.“ — Manuskript im K.A. — S. 211. <■) Browne, a. a. 0., S. 260 ff. 8) Browne, a. a. 0., S. 315. °) Browne, a. a. 0., S. 457 f. 10) Die kaiserlichen Oberkommandanten durften mit dem Feinde Verhand­lungen führen, doch nur soweit diese die Entgegennahme von Friedensanträgen betrafen, selbst Anträge zu stellen war ihnen verboten. (Angeli).

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