Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
REGELE, Oskar: Die Schuld des Grafen Reinhard Wilhelm von Neipperg am Belgrader Frieden 1739 und an der Niederlage bei Mollwitz 1741
Die Schuld des Grafen Neipperg am Belgrader Frieden 377 Belgrads nur mit Einwilligung des Wiener Hofes erfolgen könne, unterdessen wäre vielleicht ein Waffenstillstand möglich, den wieder die Türken am 16. 8. ablehnten. Am 14. 8. ließ Wal 1 i s durch den Obersten Karl Anton Graf Gross, der am 26. 7. im türkischen Lager die erste Fühlung aufgenommen hatte u), die Besprechungen fortsetzen, in deren Verlauf der Oberst nach verschiedenen Behauptungen dem Gegner Belgrad angeboten haben soll. Darüber werden wir später Näheres erfahren. Mitte August war beim kaiserlichen Oberkommandanten die „Belehrung wegen Schließung eines Friedens“, datiert vom 4. 8. 1739, eingelangt, nach welcher fortab nur mehr Neipperg alle den Friedensschluß betreffenden Angelegenheiten zu besorgen hatte. Am 16. 8. kündigte Wallis dem türkischen Hauptquartier N eipperg als Unterhändler an, den er für diese Mission am 27. 7. in Wien vorgeschlagen hatte, „weilen er bereits nach dem Passa- rowitzer Frieden zur Gräntzscheidung mit den Türken gebraucht worden und damals die obgehabte Verrichtung wol besorgt hat“ 12). Demzufolge übernahm der neue Beauftragte am 17. 8. sämtliche Vollmachten, indem er im Lager zu Surdock (Surduk) einen Revers unterschrieb und dabei erklärte, „auch ohne weitere Einholung seines (Wallis’) Consens“ handeln zu wollen. Er sagte weiters darin: „... ich für alles, was ich mit ersagter ottomann. Pforten abhandeln und schließen werde, repondiren und solches bloß alleinig auf meine Verantwortung nehmen, ja sogar meinen Kopf, wann es nicht nach der ah. intention seyn solte, zum Unterpfand anbieten wolle ..13). In dieser Phase der Friedensaktion ist es nun angezeigt, sich die Richtlinien für die Verhandlungen zu vergegenwärtigen. Der Kaiser hatte drei Stufen vorgesehen, und zwar sollte zunächst Frieden geschlossen werden unter der Beibehaltung Belgrads und Sicherung seiner Verbindung mit der Armee; in weiterer Folge könne bei Gefahr eines Falles von Belgrad die Schleifung der Festung gegen jene Orsovas und auch noch die Abtretung der Walachei angeboten werden; im Handschreiben vom 11. 8. hieß es dann schließlich: „Wofern aber drittens auch dieser zweite Grad ohne Verab- säumung der ebenangedeuteten Zeit /:welches der Fall der Stadt Belgrad war:/ nicht zu erhalten sein sollte; so begewaltige ich Euch hiemit von nun an noch weiters, auch das fortifizierte Belgrad den Türken einzugestehen; sodaß künftighin die Donau und Sau die Grenzscheidung abzugeben hätten, woraus von selbst fließt, daß m,it Einbegriff Mehadia und Alt-Orsova alles, was auf solcher Seite der Donau zum Banat gehört, mir zu verbleiben habe ...“ Allerdings machte der Kaiser die einschränkende Bemerkung: „In des Grafen Wallis’ Antrag (Belgrad aufzugeben) sei solange nicht zu fügen, als Hoffnung vorhanden, mit Beibehaltung Belgrads aus dem Kriege 11) K.A. — H.K.R. — 1739 — Nov. — 726, Relation Groß. 12) K.A., Kanzleiarchiv, Aufzeichnungen über das Jahr 1739. ia) K.A., Feldakten — 1739 — Nov. — 726.