Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)
BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)
216 Anna Hedwig Benna heitssachen ergehenden Verordnungen zu sehen, bezüglich der sogenannten politico-publica (Wohlfeilheitssachen, Beleuchtung, Pflasterung) hatten sie nur ihre Beobachtungen dem Landeschef vorzubringen, selbst besaßen sie aber keine Initiative 10B). Pergen stellte es den Länderchefs überhaupt frei, in den kleineren Städten und Märkten eigene, staatliche Polizeibeamte nach freiem Ermessen einzusetzen oder die Aufsicht über die Befolgung der landesfürstlichen Verordnungen sowie die notwendigen Vorkehrungen für die öffentliche und private Sicherheit eigenen Organen der Magistrate zu überlassen106 107). Pergen verlangte jedoch genaue Berichterstattung der Magistrate und Obrigkeiten an die Kreisämter bezüglich der verdächtigen und staatsgefährlichen Personen108). Die von den Polizeidirektoren gesammelten Meldungen gelangten im Wege der Polizeioberdirektion, mit der die Direktionen in den Ländern in ständigem Kontakt standen, an die Polizeihofstelle und von hier aus direkt zur Kenntnis des Kaisers109 * *). Pergen, der wohl ahnte, daß die Korrespondenz der Polizeidirektoren mit der Wiener Oberdirektion von Seiten der Länderchefs nicht gern gesehen wurde, räumte den Länderchefs selbstverständlich Einsichtnahme in die Berichte der Polizeidirektionen und in bedeutenderen Fällen eigene Berichterstattung an die Polizeihofstelle ein 11#). Das Hauptaugenmerk der Polizei war auf die in allen Ländern der Monarchie entstehenden Gesellschaften und Klubs mehr oder minder extremer und subversiver Tendenzen gerichtet. Es kann daher nicht wunder nehmen, wenn Pergen die der Polizei seit 1791 m) aufgelastete Gerichtsbarkeit aus dem Aufgabenbereich der Direktionen entfernte 112). 106) Benna, a. a. O., S. 127, 128. . . Zu diesem ende muss nach der ah. Willensmeinung zu vorderst der Wirkungskreis der polizei den länderchefs unmittelbar untergeben seyn und dürfte wegen der notwendigkeit der so mannigfaltigen augenblicklichen Verfügungen die polizei- und Sicherheitsanstalten wie vor durch landesstellen, ratssitzungen oder kommissionen geleitet wird sondern die herren länderchefs haben solche unter einem eigenen, ihnen ausschliesslich zugegebenen beamten oder direktor, dann das diesen untergeordnete hilfspersonal dergestalt besorgen lassen, dass sich dieses polizeiindividuum in die politico- publica (wozu wohlfeilheitsachen, beleuchtung, Pflasterung u. dgl. gehören) auf keine andere art einmenge, als dass sie durch seine Wachsamkeit die darin vorkommenden gebrechen entdecken, dem herren landeschef anzeigen oder über die von der landessteile erhaltenen auf träge bericht zu erstatten, Daraus erhellt deutlich das Verhältnis des polizeidirektors zum landeschef. Dieser ist der polizei- chef, welcher ersteren in seiner amtierung leitet. 107) Benna, a. a. O., S. 136. 108) Benna, a. a. O., S. 136, 137. i°9) Benna, a. a. O., S. 138, 139, 140. no) Benna, a. a. O., S. 138, 140. 111) Benna, a. a. O., S. 174 f. ... nur jene klagen, welche nach der ge- richtsordnung zum mündlichen verfahren geeignet sind, als das sind wörtliche injurien und Streitsachen, so den betrag von 50 fl. nicht überschreiten, ferner die zinsklagen und aufkündsachen. Vgl. oben S. 212 f. 112) Benna, a. a. O., S. 139.