Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)

BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)

Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle 215 hervor"). Kaiser Franz II. ließ sich jedoch nicht von den Ausführungen Sonnenfels und Kollowrats in seinen Entschlüssen beeinflussen, sondern forderte Pergen auf, ihm ein Gutachten über die Verbesserung des gehei­men Dienstes zu erstatten100). Kaiser Franz war entschlossen, das Rad der Geschichte zurückzudrehen und die Josefinische Polizei in ihrem vollen Umfange wiederherzustellen. Am 2. und 3. Jänner 1793 ergingen je ein kaiserliches Handschreiben an den Oberdirektionsminister Kollowrat101) und den n.-ö. Regierungspräsidenten Sauer102), in denen der Kaiser an­ordnete, der n.-ö. Regierungspräsident sei von der ihn drückenden Bürde der Führung der Polizeigeschäfte infolge der Wiederberufung des frühe­ren Polizeiministers Pergen zu befreien, die Länderchefs jedoch seien in Polizeiangelegenheiten wie unter Kaiser Josef II. an Pergen zu verwei­sen. Damit waren die sachlichen und personellen Voraussetzungen für Pergens Wiederaufbauarbeit geschaffen, an die sich der wieder zu Ehren gekommene Mann mit Feuereifer machte. Pergen schärfte in einem eigens von ihm für die Polizeibeamten verfaßten Amtsunterricht103) seinen Un­tergebenen folgende Grundsätze ihrer Amtsführung ein a) Wachsamkeit, b) Vorsicht und bescheidenheit bei der nachforschung, c) Verschwiegenheit und behutsamkeit bei der entdeckung, d) gelassenheit, Standhaftigkeit, beseitigung aller Willkür bei Verhaftungen, e) menschenfreundlichkeit in der behandlung, f) gerechtigkeit bei der aburteilung 104). Die Stellung der Polizeibeamten zu den Regierungspräsidenten in den Ländern erfuhr im Amtsunterricht und in einem von Pergen am 5. April 1793 105) an die Län­derchefs gerichteten Zirkular eine hinlängliche Klarstellung. Die Polizei­direktoren in den Landeshauptstädten blieben den Regierungspräsidenten untergeordnet, sie hatten auf die Einhaltung der in Polizei- und Sicher­") Ben na, a. a. 0., S. 179. 10°) Walter, a. a. 0., S. 52. Oberhummer 1, 83. B e n n a, a. a. O., S. 123. 101) STR 36/1793, B e n n a, a. a. O., S. 123, Anhang I: Da bei errichtung des directorii ich ohnehin vorgesehen und verordnet habe, dass die länderstellen in eine grössere Wirksamkeit gesetzt werden und die nö. regierung in eben die­ser läge sich befindet, so habe ich, um dem regierungspräsidenten die ihm hin­durch anfallende last der geschäfte zu erleichtern, von der auf sicht der polizey befreyet und da ich dieselbe so, wie unter kaiser Josef meines höchstseligen oheims majestät bestanden hat, auch dermalen wieder eingerichtet sehen wün­sche, so habe ich zu meinem polizeyminister in allen meinen erbländern, meinen staatsminister den grafen Pergen, welcher ohnehin schon diese charge in vorigen Zeiten zum wohl des Staates schon bekleidet hat und welcher ungeachtete seines hohen alters aus liebe für das allgemeine wohl für die Sicherheit seiner mit- bürger zu wachen auf sich genommen hat, ernannt. Ich mache ihnen dieses zu wissen, damit sie sowohl in ansehung der länderchefs als auch des regierungs­präsidenten, grafen von Sauer, das benöthigte hierüber veranlassen mögen. 102) B e n n a, a. a. O., S. 123, 124, Anhang II. 103) B e n n a, a. a. 0., S. 127 ff. 104) B e n n a, a. a. 0., S. 128. Langsam, a. a. O., S. 155. 10°) Benna, a. a. O., S. 143 ff.

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