Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)

SANTIFALLER, Leo: Über die Urkunde für das Breslauer St. Vinzenz-Stift vom Jahre 1139–1149

22 Leo Santifaller doch dies sind Schreib-, bzw. Abschreibefehler, wie sie sich mehr oder weni­ger in jeder Abschrift finden und bedürfen daher weiter keiner besonderen Erklärung. Bemerkenswert sind gewisse mit einer Art Konsequenz durchgeführte Unterschiede in der Schreibweise von Eigennamen und in der Orthogra­phie; so lauten z. B. in D die Endungen der Herzogsnamen rgelmäßig aims bzw. auo, während E die Formen aus und ao hat. Diese Verschieden­heiten hängen aber offensichtlich mit der teilweise unterschiedlichen Schreibweise und Orthographie der beiden Kopialbücher, also mit beson­deren Merkmalen und Eigentümlichkeiten der Matricula und der Matrica zusammen. Auffallend aber ist, daß beide Texte, D und E, völlig übereinstimmend den Fehler prestat abbas anstatt prefatus abbas und außerdem die Ver­besserung der ursprünglichen Jahreszahl 1148 in 1149 haben. Betrachten wir kurz den Sachverhalt dieser Verbesserungen!11). In der Matricula fol. 71v Zeile 12 steht ursprünglich millesimo centesimo XL octauo; das letzte Wort octauo ist dann doppelt durchgestrichen und dafür an den linken Rand IX“ geschrieben.. In der Matrica I fol. 186r Zeile 9 steht ursprünglich M° CXLVIII, wobei der Schlußstrich wie üblich unter die Zeile verlängert ist; dann wurde ein vierter Strich eingefügt, der ebenfalls die verlängerte Form des Schlußstriches zeigt und den ur­sprünglichen Zwischenraum zwischen Jahreszahl und dem folgenden Worte presentibus völlig ausfüllt; wäre die Zahl 1149 ursprünglich geschrieben worden, dann hätte der dritte Strich nicht die Form des Schlußstriches und außerdem wäre der sonst übliche Zwischenraum zwischen den beiden Worten gewahrt geblieben. Die Frage ist nun: sind diese Verbesserungen von erster Hand, also von Liebental selbst, alsbald angebracht worden oder stammen sie aus späterer Zeit, verfolgen sie einen bestimmten Zweck und wie sind sie sowohl sachlich wie formal zu erklären? Die älteren Autoren haben ohne weitere Bemerkung die verbesserte Jahreszahl, also 1149, angenommen und für ihre Editionen bzw. Forschun­gen zugrundegelegt. Zuerst schenkte Görlich 12) der Tatsache der Verbes­serung nähere Beachtung, hält die Verbesserung selbst für „einen unglück­lichen Schreibfehler“ und nimmt daher 1148 als Jahresdatum an. Grün­hagen und Korn in den Regesta episcopatus Vratislaviensis 13) bemerken, daß ursprünglich M C XLVIII gestanden habe und daß die letzte I von spä­terer Hand hinzugefügt worden wäre. Dann geht Grünhagen in den Schle­sischen Regesten 14) näher auf den Sachverhalt ein, indem er feststellt, daß „der Strich, welcher die ursprünglich geschriebene Zahl 1148 in 1149 verändert, mit schwärzerer Dinte geschrieben ist“ und bleibt, wie die frü­u) Vgl. zum folgenden die beiden Tafeln. 12) Görlich, Prämonstratenser 1, S. 7. 13) Grünhagen und Korn, Regesta episcop. Vratisl. 1, S. 5. 14) Grünhagen, Schlesische Regesten 1, S. 27 f. n. 33 und ebenso 2. Aufl. 1, S. 33 f. n. 33.

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